der
Altar in
zu Breslau.
Barbarakirche
505
haft auch der Zeichner ist, hat die Motive seiner Bilder nicht
geradezu erfunden, sondern, wie wir jetzt wissen, einer Handschrift
von 1353 entlehnt, aber mannigfach im Geiste der neueren Zeit
belebt, und seine Blätter haben dann wieder einer grossen Tafel
mit 32 Darstellungen aus derselben Legende, die bald darauf in
St. Bernardin zu Breslau gestiftet wurde und noch erhalten ist, und
endlich noch nach einem halben Jahrhundert den Holzschnitten eines
im J. 1504 gedruckten Werkes zum Vorbilde gedientl). Freytags
Zeichnungen, obgleich, wie gesagt, naturalistisch belebt, stehen doch
dem Altar von 1447 insofern nach, als sie in der Zeichnung und in
Bewegungen noch mehr dem idealen Style anhängen, und in noch
höherem Grade gilt dies von jener Tafel, welche noch ganz den
Schwung der Linie, aber auch die unbestimmte Charakteristik, die
flache und weiche Modellirung jenes älteren Styles hat.
Mehr als ein Decennium vergeht demnächst, ehe wir weitere
Fortschritte der Kunst nachweisen können, dann aber entdecken wir
eine so nahe Beziehung zu1jfland1ischeii Swchulevhxyie sie in dieser
entlegenen Gegend nicht zu erwarten war. Das Denkmal, welches
dies beweist, ist ein jetzt in der Sacristei des Deines befindlicher
Flügelaltar, der zufolge einer zwar etwas spätern, aber völlig glaub-
haften "Inschrift im Jahre 1468 von dem Dr. Paulus von Wartenberg
1) Vgl. darüber Dr. H. Luchs, Die Bilder der Hedwigslegende, Breslau 1861,
mit 25 Holzschnitten. Schon das Vorbild der Freytaglschen Zeichnungen ist
interessant; es ist eine jetzt im Kloster Schlackenwerth in Böhmen bewahrte
lateinische Handschrift derselben Legende, deren Urheber sich darin mit der
Jahreszahl 1353 als Nicolaus Pruzie (Prussiae) foris civitatem Lybin (d. i.
Lüben in Schlesien) nennt, der erste preussische Künstler. Die Bilder dieses
Codex sind von Adolf v. Wolfscron, Wien 1846, Fol., publicirt. Die Inschrift
von 1451 giebt eine ausführliche Geschichte; sie erzählt, dass der Text auf Bitte
des Erbarn Mannes Anton Hornyng, Bürgers zu Breslau, aus dem Lateinischen
ins Deutsche übersetzt und so am 22. Febr. 1451 beendet, „in der Meinung, dass
derselbe erbare Antonius Hornyng es solle lassen fürbas getreulich und kost-
lich schreiben, was denn im Auftrage desselben durch seinen dienstwilligen
Diener Petrus Freytag am Donnerstage nach Maria Assumtion (19. Aug.) desselben
Jahres geschehen sei". Man kann hiernach nicht zweifeln, dass dieses Hkostliche"
Schreiben auch die Zeichnungen umfasste. Dass die Tafel in St. Bernardin nicht
das Vorbild dieser Zeichnungen, sondern mit ihrer Benutzung entstanden ist,
weist Dr. Luchs überzeugend nach, und augenscheinlich sind auch die Holz.
schnitte der im J. 1504 bei Conrad Baumgarthen in Breslau gedruckten Hedwigs-
legende im Wesentlichen Nachahmungen der Handschrift von 1451. Ueber diese
Handschrift und die Hedwigstafel hatte übrigens schon früher Büsching mit ge-
wohnter Ueberschätzrlng der schlesischen Kunstleistttngen geschrieben, worüber
Fiorillo a. a. 0., I, 153 berichtet.