Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Schulen 
Die 
Grenzlande. 
nördlichen 
der östlichen und 
Bildern ist er gemusterter, bei den andern einfacher Goldgrund. 
Die Farbe ist Tempera, doch mit Lasuren, und die Behandlung mehr 
naturalistisch, als im Sinne der idealen Schule. Die historischen 
Compositionen sind figurenreich, gedrängt und nicht Ohne neue Ge- 
danken; so ist bei der Auferstehung Christi die Platte, welche das 
einem Sarkophage ähnliche Grab deckt, noch fest aufliegend und 
durch mehrere deutliche Siegel verschlossen, so dass Christus, dessen 
rechter Fuss schon den Boden berührt, durch den unverletzten Stein 
aufsteigend gedacht ist; das Gewand bedeckt die Stelle, wo der linke 
Fuss so eben hervorgehen müsste, und verhüllt also den Hergang 
des Wunders, das wir an seinen Folgen erkennen. Die Körper 
Christi und der beiden Schächer sind sehr roh behandelt, aber die 
Nebenliguren besser, ziemlich ausdrucksvoll und belebt, und unter 
ihnen mehrere, welche in Tracht und Gesichtsbildung slavischen 
Charakter tragen. Auch den grossen Dimensionen der Aussenscite 
zeigt sich der Meister völlig gewachsen, die Gesichter sind kräftig 
modellirt, die Hände sehr ausgeführt, die Farbe ist kräftig und 
harmonisch. Maria, mit langem Haare und gesenktem Blicke, ist 
würdig und anmuthig, Christus dagegen, mit dicker Nase und grossen 
Augen, erinnert noch an böhmische Schule. Während also diese 
noch nachwirkt und dadurch den einheimischen Ursprung des Malers 
ausser Zweifel setzt, deuten andere Zuge in der Gruppirung, Farben- 
behandlung und G-ewandung auf einen Einfluss der Eyckschen Schule 
oder doch auf einen derselben verwandten Naturalismus. Namentlich 
zeigt sich dies an dem grossen Bilde der Jungfrau und an dem Faltenwurfe 
ihres dem Boden aufliegenden weissen Mantels. Auf einem Streifen am 
Kleide eines Kriegsknechtes auf der Gefangennehmung kommen fin- 
girte Buchstaben vor, welche auf einer Vera Icon dieses Museums 
(Nr. 332) sich wiederholen. Dieselbe scheint also demselben Meister 
anzugehören, ist aber vollendeter, im Christuskopfe voller Empfindung, 
in den Engelchen, welche das Tuch halten, sehr lieblich. Das nächste 
datirte und nur um wenige Jahre spätere Werk besteht zwar nur 
in farblosen Federzeichnungen einer in der Universitätsbibliothek Zu 
Breslau bewahrten Handschrift mit der Legende der heiligen Hedwig, 
ist aber an sich und durch manche Nebenumstände sehr interessant. 
Zunächst, weil wir dadurch ein so vollständiges Beispiel mittelalter- 
licher Kunsttradition erhalten, wie es kaum ein zweites Mal V01"- 
kommen möchte. Peter Freytag aus Brieg, Vierdungsschreiber, d. h. 
Erheber einer kleinen städtischen Abgabe, zu Breslau, der sich in 
der ausführlichen Inschrift vom Jahre 1451 zwar nur als Schreiber 
nennt, aber nach den dabei referirten näheren Umständen unzweifel-
	        
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