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Schulen
Die
Grenzlande.
nördlichen
der östlichen und
Bildern ist er gemusterter, bei den andern einfacher Goldgrund.
Die Farbe ist Tempera, doch mit Lasuren, und die Behandlung mehr
naturalistisch, als im Sinne der idealen Schule. Die historischen
Compositionen sind figurenreich, gedrängt und nicht Ohne neue Ge-
danken; so ist bei der Auferstehung Christi die Platte, welche das
einem Sarkophage ähnliche Grab deckt, noch fest aufliegend und
durch mehrere deutliche Siegel verschlossen, so dass Christus, dessen
rechter Fuss schon den Boden berührt, durch den unverletzten Stein
aufsteigend gedacht ist; das Gewand bedeckt die Stelle, wo der linke
Fuss so eben hervorgehen müsste, und verhüllt also den Hergang
des Wunders, das wir an seinen Folgen erkennen. Die Körper
Christi und der beiden Schächer sind sehr roh behandelt, aber die
Nebenliguren besser, ziemlich ausdrucksvoll und belebt, und unter
ihnen mehrere, welche in Tracht und Gesichtsbildung slavischen
Charakter tragen. Auch den grossen Dimensionen der Aussenscite
zeigt sich der Meister völlig gewachsen, die Gesichter sind kräftig
modellirt, die Hände sehr ausgeführt, die Farbe ist kräftig und
harmonisch. Maria, mit langem Haare und gesenktem Blicke, ist
würdig und anmuthig, Christus dagegen, mit dicker Nase und grossen
Augen, erinnert noch an böhmische Schule. Während also diese
noch nachwirkt und dadurch den einheimischen Ursprung des Malers
ausser Zweifel setzt, deuten andere Zuge in der Gruppirung, Farben-
behandlung und G-ewandung auf einen Einfluss der Eyckschen Schule
oder doch auf einen derselben verwandten Naturalismus. Namentlich
zeigt sich dies an dem grossen Bilde der Jungfrau und an dem Faltenwurfe
ihres dem Boden aufliegenden weissen Mantels. Auf einem Streifen am
Kleide eines Kriegsknechtes auf der Gefangennehmung kommen fin-
girte Buchstaben vor, welche auf einer Vera Icon dieses Museums
(Nr. 332) sich wiederholen. Dieselbe scheint also demselben Meister
anzugehören, ist aber vollendeter, im Christuskopfe voller Empfindung,
in den Engelchen, welche das Tuch halten, sehr lieblich. Das nächste
datirte und nur um wenige Jahre spätere Werk besteht zwar nur
in farblosen Federzeichnungen einer in der Universitätsbibliothek Zu
Breslau bewahrten Handschrift mit der Legende der heiligen Hedwig,
ist aber an sich und durch manche Nebenumstände sehr interessant.
Zunächst, weil wir dadurch ein so vollständiges Beispiel mittelalter-
licher Kunsttradition erhalten, wie es kaum ein zweites Mal V01"-
kommen möchte. Peter Freytag aus Brieg, Vierdungsschreiber, d. h.
Erheber einer kleinen städtischen Abgabe, zu Breslau, der sich in
der ausführlichen Inschrift vom Jahre 1451 zwar nur als Schreiber
nennt, aber nach den dabei referirten näheren Umständen unzweifel-