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Die
Schulen
Grenzlande.
östlichen und nördlichen
der
des heil. Leopold und wahrscheinlich des ganzen Werkes die Jahres-
zahl 1501 enthältl).
Höchst verwandt diesem grösseren Werke ist dann ein anderes
vereinzeltes Bild derselben Sammlung, eine ügurenreiche Kreuzigung,
wovon wir in Fig. 49 ein Detail geben; namentlich ist die Behand-
lung der Landschaft und die feine, sorgfältige Ausführung ganz die-
selbe wie dort. Gewisse Gestalten sind vorzüglich gelungen, beson-
ders die Gruppe der Frauen, dagegen sind andere Figuren sehr ca-
rikirt. Manches, z. B. der Faltenwurf im weissen Mantel der
hlaria, erinnert noch stärker an die flandrische Schule, aber im Ganzen
ist die Uebereinstilnmung mit jener Bilderreihe so gross, dass man
auch hier ein Erzeugniss derselben Werkstatt annehmen muss, und
zwar sehen wir die Uebereinstimmung mit den Bildern aus der Le-
gende des heil. Leopold am grössten. Zugleich trägt aber dieses
Bild ausser einem Monogramm die Jahreszahl 14462), so dass
Meister Rucland, da er hier schon als ausgebildeter Künstler er-
scheint, im Jahre 1501 ein sehr hohes Alter, mindestens 75 Jahre,
erreicht haben musste. Zu diesen Nachrichten, welche seine Bilder
gewähren, kommen dann aber auch urkundliche aus dem Wiener
Stadtarchive, deren gütige Mittheilung ich ihrem Entdecker, dem um
die heimischen Alterthümer vielfach verdienten Herrn Albert Came-
sina verdanke. In den amtlichen Verzeichnissen der Mitglieder des
Wiener Rathes erscheint nämlich Rueland und zwar mit dem Vor-
namen Wolfgang nicht weniger als acht Mal, zuerst 1458, zuletzt
1474. War er 1458 zu solchem Ansehen gelangt, dass man ihn in
den Rath berief, so kann es nicht auffallen, dass er schon 1446 ein
ausgezeichneter Maler war. Eher kann es befremden, dass er noch
1501 seine künstlerische Kraft in dem Grade erhalten hatte, wie es
jenes grössere Werk zeigt; allein auch dies ist nicht unerhört und
überdies sehen wir aus den Tafeln selbst, dass er treue und ge-
schickte Schüler herangezogen hatte, die ganz auf seine Weise ein-
gingen und ihm die Arbeit erleichterten. Leider können wir aber
1) Passavant a. a. O. las hier noch die Buchstaben R. E., die ich eben so
wenig gesehen habe wie Dr. Rieckher im Kunstbl. 1843, S. 355. In der Würdi-
gung der Bilder weichen wir alle drei von einander ab.
1') Ich habe bei meiner Anwesenheit in Klosterneuburg ungeachtet genauer
Betrachtung dieses Bildes Monogramm und Jahreszahl nicht bemerkt, und ver-
danke sie ebenfalls, der Mittheilung des Herrn Camesina. Die Jahreszahl 1446
ist auch insofern merkwürdig, weil ein sehr entschiedener Einiiuss Eyckischer Schule
hier mit frühestem Datum auftritt. [Ob bei diesen auffallenden Angaben eines
Dritten nicht vielleicht ein Irrthum obwaltet, müssen wir dahingestellt sein lassen,
da eine Controle nicht mehr möglich war.] D. H.