Michael Pacher.
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hindeuten, haufenweise verbrannt haben. Anderes wird dem Ge-
schmack der Rococozeit zum Opfer gefallen sein. Eine Reihe von
Gemälden dieser Zeit findet sich in der Sammlung zu Klosterneuburg,
darunter mehrere mit Jahreszahlen, leider aber die- meisten ohne
grossen Kunstwerth. Das älteste der datirten, ein Flügelaltar mit
der Geschichte der heil. Ursula auf Goldgrund von 1464, also jeden-
falls von einem nahen Zeitgenossen jenes Malers Gries, dem im Jahre
1466 eine Zahlung von 70 Pfund Pfennigen für ein Altarblatt in
St. Stephan zu Wien geleistet wurde (Passavant im Kunstbl. 1841,
S. 429). Es zeigt die gewöhnlichen derben Formen der Oberdeutsehen
ohne besondere Eigenthümlichkeit. Aehnlich und wohl gleichzeitig,
aber besser und bei allerdings flüchtiger Ausführung nicht ohne
Schönheitssinn sind 24 zusammenhängende Tafeln, von denen acht
das Leben der Maria, sechszehn aber ihre Verherrlichung darstellen,
indem sie stets die Jungfrau allein, ohne Kind, mit zahlreichen An-
betenden enthalten, Welche in hoch aufflatternden Spruchbandern
immer eine andere ihrer Tugenden rühmen. Ein grosser Altar mit
doppelten Flügeln, im Mittelbilde die Auferstehung mit der Jahres-
zahl 1476, zeigt in der Anordnung der historischen Scenen einen
sehr entschiedenen Einfluss Eyckischer Schule, aber auch einen
schwachen Meister. Etwa gleichzeitig wird eine Anbetung der heil.
drei Könige im Belvedere (Altd. Sch. I, Nr. 107) sein, welche nicht
blos durch das österreichische Wappenschild, sondern auch durch
das hier wiederkehrende bleiche Colorit ihren hiesigen Ursprung
documentirt; sie hat ausgebildete Landschaft, ist aber furchtbar hart
und roh.
Um dieselbe Zeit lebte aber in einer kleinen Stadt in Tyrol, in
Bruneck (oder wie er selbst schreibt und noch die heutige Volks-
sßräiöie spricht: Prauneck), nordöstlich von Brixen, ein bedeutender
Künstler, Michael Pacher. In einer Urkunde des Archivs dieser Stadt
kommt _er schon im Jahre 1467 als "Meister Nlichel der Maler" vor.
Im Jahre 14711) schloss er in Botzen mit mehrerenEinsassen des
benachbarten Dorfes Gries einen Vertrag, wonach er sich zur Liefer-
1) Die von Herrn v. Vintler in Bruneck mitgetheilte, im D. Kuustbl. 1853,
S. 131 abgedruckte Abschrift des ncch im Archiv zu Botzen bewahrten Vertrages
hat zwar die Jahreszahl 1481, aber M. Koch (Beiträge zur Geschichte Botzens 1844,
und im D. K.-Bl. 1854, S. 427) und der Localforscher P. Justinian Ladurner, Bei-
träge zur Geschichte d. Pfarrk. von Botzen 1852 (vgl. Mitth. Il, S. 121), lesen 1471,
und diese Jahreszahl scheint nach dem stylistischen Verhältnisse des Werkes zu
dem St. Wolfgang-Altare wahrscheinlicher, so dass ich sie bis zu anderweitiger
Berichtigung aus der Originalurkunde annehme.
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