Steiermark.
Flügelaltar zu Aussee in
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kräftig, von tiefer Gluth. Sie scheint Oel zu sein, auch deuten ge-
wisse Gestalten, namentlich die Engel, auf flandrische Vorbilder, Gott
Vater sogar auf das freilich bei weitem nicht erreichte des Genter
Altarg Selbst der ganze Gedanke ist "mehr im Geiste der flandri-
sehen als der deutschen Kunst und erinnert namentlich an Hubert
van Eyck. Nach dem Schlüsse dieser inneren Flügel sieht man auf
ihrer Aussenseite vier Scenen der Kindheitsgeschichte Jesu: Verkün-
digung und Heimsuchung, Geburt und Anbetung der Könige; auf
dem zweiten feststehenden Flügelpaare aber je zwei weibliche Heilige,
alle mit einer schweren Farbe überinalt, welche nur noch die Com-
positionen erkennen lässt. Sie scheinen von anderer Hand, nament-
lich ist Maria hier schlanker gehalten, als die Frauen der Innenseite;
die Anordnung ist sehr gedrängt und an Stelle des Goldgrundes sind
sehr ausgeführte architektonische Perspectiven getreten, die ebenfalls
auf flandrischen Einfluss schliessen lassen. Die Predella zeigt endlich
zwischen den Wappen von Oesterreich und Steiermark die Vera icon
von zwei bekränzten Engeln gehalten, der Christuskopf ist mit sehr
regelmässigen nicht unschönen Zügen und grossen Augen ausgestat-
tet. Hier auf dem weissen Tuche sind ziemlich gross und auffallend
die fünf Vocale angebracht.
Ob das Jahr 1449, welches diese beiden Bilder tragen, das
früheste der Einführung flandrischer Kunstweise in Oesterreich ge-
wesen, muss ich dahingestellt lassen. Den Altar von 1447 in der
Cistercienser-Kirche Neukloster zu Wiener-Neustadt, der die Krönung
Maria und Scenen aus ihrem Leben in Schnitzwerk, auf der Aussen-
seite aber die Bilder der Apostel enthält, habe ich nicht gesehen.
Die sehr schönen lebensgrossen Holzstatuen der Verkündigung, der
Apostel und des heil. Sebastian an den Pfeilern und Wänden der
Liebfrauenkirche daselbst (vgl. von Sacken in den "Kunstdenkmalen
des österr. Kaiserstaates" II, 191 und Taf. 36) werden aber nicht
dieser frühen Zeit angehören. Zwar findet sich am Chore das Wap-
pen und die Devise Friedrichs III. mit der Jahreszahl 1449 (S. 189
a. a. allein Friedrich liess auch noch in seinem Todesjahre 1493
in dieser, durch seine Bemühungen zur Kathedrale erhobenen Kirche
malen (S. 193) und der Styl der genannten Figuren deutet eher auf
diese spätere Zeit. Der ltunstverständige Berichterstatter wurde bei
ihnen im Gegensatze gegen die mildere, mehr innerliche Auffassung
der flandrischen Schule, an fränkische Meister, namentlich an Veit
Stoss erinnert und der abgebildete St. Sebastian ist sogar den Ar-
beiten Tilman Riemenschneidcrs verwandt. Ein reich bemaltes Mis-
sale von bedeutender Grösse (in der Wiener Ilofbibliothek Nr. 1767)