Flandrischer Einfluss auf Österreich.
Malerei.
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vorhanden; der angeblich aus Botzen nach München gelangte und
jetzt im Vaterländischen Museum bewahrte Altar, den Koch a. a. O.
dafür hielt, ist ohne Zweifel ein halbes Jahrhundert jünger.
Aus den beiden nächsten Decennien ist mir kein datirtes öster-
reichiches Kunstwerk bekannt, und der Umstand, dass ein Gebetbuch
in der Bibliothek zu Melk zufolge der darin befindlichen Wappen
unzweifelhaft für Albrecht II. während seiner kurzen kaiserlichen
Regierung (1437-1439) gearbeitet, zufolge des Kunstcharakters der
Miniaturen aber niederdeutschen Ursprunges istl), deutet nicht gerade
auf blühende Kunst-Zustände in Oesterreich selbst. Merkwürdiger
Weise jedoch finden wir hier, gerade in der von Flandern entfern-
testen deutschen Gegend, den Einfluss der flandrischen Kunst wenn
auch nicht sehr kräftig, doch unverkennbar schon auffallend frühe,
nämlich im Jahre 1449. Zwei Bilder tragen diese Jahreszahl. Das
eine im Belvedere zu Wien (Zimmer II, Nr. 81), eine Kreuzigung auf
gemustertem Goldgrunde mit vielen Figuren, auf der sich der Maler
D. Pfenning nennt, ist keineswegs ein bedeutendes Kunstwerk. Die
Gruppe ist gedrängt und verwirrt, die Köpfe sind geistlos und starr,
die Figuren hölzern und gleichgültig, selbst Maria mit den conven-
tionell zusaminengezogenen Brauen ist ohne Gefühl. Dass der Maler
ein Oesterreicher war, ist nicht gerade ausgesprochen; er nennt kei-
nen Namen oder Geburtsort und die Fähnlein (von denen eines die
Jahreszahl 1449 wiederholt) sind blos roth ohne Wappenzeichen.
Aber eine Verwandtschaft mit den meisten österreichischen Bildern
des Jahrhunderts, namentlich die bleiche Carnation, lässt darauf
schliessen. In der Technik der iiandrischen Schule hat er nicht sehr
grosse Fortschritte gemacht; wenn mich die hohe ungünstige Stellung
des Bildes nicht täuschte, ist die Farbe noch Tempera. Aber gewisse
naturalistische Züge, z. B. der durchsichtige Schurz des Gekreuzigten,
der mit einem Hunde spielende Knabe im Vordergrunde und die.
ganze Tendenz der Composition zeigen doch eine entfernte Einwir-
kung jener Schule, die dann durch einen an sich äusserlichen Uni-
stand ganz ausser Zweifel gesetzt wird. Seinem Namen hat der
Maler nämlich ausser der Jahreszahl die Worte: Als ich chun, hin-
zugefügt, also fast buchstäblich das Motto des Johann van Eyck.
seiner Kostbarkeit von den übrigen Farben unterschieden und sogar dem Golde vor-
angesetzt wird. Sprnchkundige Untersuchungen und weitere Nachforschungen in den
freilich sparsamen Contracten dieser Zeit werden darüber vielleicht Auskunft geben
1) v. Sacken im Jahrbuch der k. k. Oent-Com. II. S. 163. Auch das Mittel-
bild eines Altarwerkes in der Lcchkirche zu Gratz, welches äusserst geistvolle
Züge enthält, ist dem Meister Stephan von Cöln verwandt. Karl Haas ebend. S. 230.