Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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östlichen und nördlichen 
Die Schulen der 
Grenzlande. 
von Camesina aufgefundenen Notiz, der Maler Jacob der Grüne im 
Jahre 1419 eine Zahlung von 86 Pfund erhielt, existirt nicht mehr. 
Dieser Zeit gehören auch die Wandmalereien an, welche man 
in der St. Jacobskirche zu Leutschau in [lngarn 1) entdeckt hat und 
die man wegen der geographischen Nähe zu den österreichischen 
rechnen darf. Ein Theil derselben, das Leben einer weiblichen 
Heiligen darstellend, scheint noch dem XIV. Jahrhundert anzugehö- 
ren, und ist von geringerer Bedeutung. Eine zweite Reihe dagegen, 
sieben Werke der Barmherzigkeit und die Todsünden darstellend, ver- 
bindet mit dem weichen Schwunge der Linien schon ein fiischeres Co- 
lorit und einzelne mehr naturalistische Züge und fallt daher muth- 
maasslich schon in das zweite Viertel des XV. Jahrhunderts. Dass 
der Maler ein Deutscher war, ist schon deshalb anzunehmen, weil 
die Costüme, obgleich schon Moden dieser Zeit darstellend, nicht 
ungarischer Tracht entsprechen; war er, wie wahrscheinlich, von Wien 
herbeigerufen, so giebt er ein günstiges Zeugniss von der Ausbildung 
dieser Schule. 
Ein Contract vom J. 1421, welchen M. Koch im städtischen 
Archiv zu Botzen gefunden und schon im J. 1844 in den „Beiträgen 
zur Geschichte Botzens" und demnächst theilwieise im d. Kunstbl. 
1854, S. 427, publicirt hat, gibt einige Aufklärung über die künst- 
lerischen Zustände in diesen südlichen Gegenden. Ein Meister Hans, 
Maler zu Judenburg, übernimmt nämlich darin die Ausführung der 
früher bei Meister Hans, Maler zu Hall, bestellten Altartafel für die 
Pfarrkirche zu Botzen. Der Umstand, dass die tyrolische Hauptstadt 
sich zwei Mal nach Norden und zwar nach ziemlich entfernten Stad- 
tcn wendet, lässt darauf schliessen, dass ihre Gegend nicht reich an 
Künstlern war, und beweist jedenfalls, dass selbst in diesen halb- 
italienischen Gegenden der fremde Einfluss, wenn wirklich jener 
Maler von 1417 in Brixen ein Italiener gewesen, nicht lange gehaftet 
hatteä). Die Arbeit des Judenburger Malers ist leider nicht mehr 
1) Vgl. Wenzel Merkias in den Mitth. VII, S. 801 ff. 
ü) Noch ein anderer Umstand in jenem Vertrage verdient Beachtung. Der 
Maler verpflichtet sich darin, das Werk "mit reinen Lasüren, reinem Gold und 
IPai-ben herzustellen", und es fragt sich, was dieser Ausdruck bedeute. Es ist nam- 
lich sehr wahrscheinlich, dass unsere deutschen hlaler schon, ehe sie die eigentliche 
Oelmalerei kannten, sich doch der Lasuren im heutigen Sinne des Wortes bedien- 
ten, d. h. dass sie ihren Temperamalereien durch Uebermaiung mit (lurclisichtigen 
Farben den schönen Glanz und die Warme gaben, welche ihre Unterscheidung 
von Oelbildern so schwer macht. Wäre daher das Wort; Lasüren darauf zu deu- 
Wn, so würde es diese Vermuthung zur Gewissheit erheben. Wahrscheinlich in- 
dess ist hier nur an das kostbare Lasur oder Azurbiau gedacht, das eben wegen
	        
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