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Schulen.
ob erdeutschen
Die
halten. Vielleicht sagte auch die Richtung des idealen Styles dem
derben Geschmacke des Volkscharakters nicht zu. In dieser Epoche
erwachte auch hier in Folge der veränderten religiösen Stimmung
und unter dem Schutze reicher und prachtliebender Fürsten eine
grosse künstlerische Regsamkeit. Noch jetzt ist die Zahl erhaltener
Altäre aus jenerwzeit mit Schnitzwerk und Malereien sehr bedeutend;
schon in der Diöcese Regensburg zählt man deren mehr als fünfzigl).
Nur ausnahmsweise war-edles? auswärtige Künstler, welche diesem
Bedürfnisse dienten, fränkische, schwäbische, salzburgische, und in
den Bischofssitzen, Regensburg und Freising, und noch mehr in den
herzoglichen Residenzen, Landshut und München, fehlte es nicht an
einheimischen oder sesshaften. An diesen verschiedenen Orten kamen
daher auch abweichende Gewohnheiten auf, so dass man in gewissem
Sinne ihnen gesonderte Localschulen zuschreiben kanne). Aber eine
Schul_ehin höherem Sinne des Wortes mit hervorragenden Künstlern
und einer selbstständigen Richtung entstand überall nicht. Unter
den erhaltenen Bildern sind allerdings nicht wenige, wsr-ilche durch
Naivetät oder schlichte Frömmigkeit anziehen oder das Verdienst
dramatischer Lebendigkeit haben, aber die künstlerische Durch-
bildnng, der Sinn für Schönheit und Harmonie, für die Poesie der
Form ist überall mangelhaft. Selbst die "Kenntniss deräEyclöschen
Schule, die ohne Zweifelwnur durch die Vermittelung andrer däitschei-
Schulen hierher gelangte, hat hier keinen tieferen Eindruck gemacht.
Einzelne mehr äusserliche GewohnheiteiiTlesI idealen Styles erhalten
sich noch lange, während die vorherrschende Richtung ein ent-
schiedenerlßeialismus ist, der aber, im grellen Gegensätze zu dem
Milden und Weichen der Ulmischen Schule, zum Gewaltsamen und
Derbenwnteigt, feineren Empiindungen kaum Raum lässtuund sich
leicht bis zur Rohheit steigert. Am stärksten scheint diese Derbheit
in der Schulevon München gewesen zu sein, soweit wir sie ver-
folgen können. Nocli ganz mit den Zügen der idealen Schule zeigt
sie sich auf einem Bilde in der Frauenkirche, Christus am Kreuz mit
Maria und Johannes, etwa von 1450, und gegen das Ende des Jahr-
hunderts wächst sie immer mehr. Eine ganze Reihe von Malernamen
aus dieser Zeit ist ermittelt. So Gabriel Maechselkirchner und
Ulrich Füterer, welche von 1467 an ruiiaes Kleefglegei-nsee und
1) Die Nachrichten über diese Diöcese entnehme ich aus einem anonymen,
aber mit grossem Fleisse, wenn auch ohne scharfe kunstwissenschafßliche Kritik
geschriebenen Aufsatze in der Augsburger Postzeitung 1856, Nr. 132, Beilage.
2) Wie dies u. A. Sighart, die mittelalt. Kunst in d. Diöcese München-Frei-
Sing, S. 161 m, thut.