Holbein d.
Hans
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Um dieselbe Zeit oder etwas später mögen nach Woltmann (ent-
gegen Schnaases oben ausgesprochener Ansicht) die beiden Altar-
flügel in der Galerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde in
Prag fallen und zwar weil sich bei ihnen zum ersten Mal Renais-
sanceformen an Säulen und Bogen der Umrahmung zeigen.
Es folgen dann die vier Tafeln der Augsburger Galerie, ursprüng-
lich zwei Altartlügel aus dem Katharinenklostei" ebenda mit Holbein's
Namen und dem Datum" 1512 Anna und Maria, auf einer Bank
sitzend, lehren das Christuskind gehen, der Kreuzestod Petri, das
Wundqeiyiwelches zur Entschuldigung eines Fastenbrnhcheds des heil.
Ulrich durch Verwandlung eines Gänsebratens in einen Fisch ge-
schehen und die Enthauptting der heil. Katharina. Man hat mit
Recht stets etwas Jugendfrisches in diesen Bildern gefunden, aber
es sind nicht die Spuren eines wenn auch noch so begabten An-
fängers, die sich darin ausprägen, sondern die Zeichen einer neuen
jugendlichen Zeit. Man erkennt die Züge einer sicheren, kräftigen
Manneshand, doch geleitet von der mehr und mehr?" wachsenden
Kenntniss und der Freude am menschlichen Körper, den man nicht
mehr nach auswendig gewussten manierirten Formeln bildet, sondern
auf Grund ernsten hlodellstudiums.
Aus dem folgenden Jahre finden sich zwei ursprünglich zu einem
Diptychon vereinigte kleinere Tafeln in Wien, die sogenannte Ma-
donna mit dem Maiglöckchen, bezeichnet mit dem Namen "Johannes
Holbain" und den selbstbewussten Worten: „Carpet aliquis cicius
quam imitabitur", bei A. Posonyi (früher bei Pfarrer Schmitter-Hug
in St. Gallen), und ein männliches Bildniss mit der Jahreszahl 1513
beim Grafen Lanckoronsky. Beide haben architektonische Umrah-
mung im Renaissancestyl und zeigen ebenfalls einen wesentlichen
Fortschritt gegen früher.
Mit Uebergehung einiger minder wichtiger Bilder aus diesem und
den folgenden Jahren bleibt uns noch die vollendetste Schöpfung
H0lbein's zu betrachten, zugleich auch die letzte, die wir von ihm
nachweisen können der Sebastiansaltar mit der Marterppdes Hei-
ligen als Mittelbiltl, der VerkündigungMauVfI"den Aussenseiten und den
Heiligen Barbara und Elisabeth auf den Innenseiten der Flügel.
Wenn die, beiden ersten Darstellungen noch manche Befangenheiten
der älteren Holbeinschen Weise verrathen, z. B. in dem ungeschickt
Schtvebelßtgy, Engel mit dem blöden Köpfchen und einigen seltsam
verkniffenen Gesichtern unter den Zuschauern bei der Marter, so
zeugt dagegen die Composition der letzteren von grösster Freiheit;
und Beherrschung der ltünstlerischen Mittel. Der Heilige mit dem