Hans Holbcin d.
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bein, basirt auf neuere urkundliche Forschungen und kunsthisto-
rische Untersuchungen, desto klarer vor uns steht. 1)
Er ist der Sohn des Lederers Michael Holbein aus Schönefeltl
bei Augsburg, welcher, seit 1448 an letzterem Orte ansässig, noch
einen zweiten Sohn, Sigmund, ebenfalls Maler, und vier Töchter, Bar-
bara, Anna, hlargreth und Ursula, hatte. Sein Geburtsjahr kennen
wir zwar nicht, doch wird es nach Woltmanms gewiss richtiger An-
nahme, die sich auf seine Bildnisse stützt, nicht, wie man früher an-
nahm, schon um 1450, sondern erst gegen 1460 fallen. Die Ver-
muthung, dass er eine Tochter Thoman Burgkmaifs zur Frau gehabt,
ist unerwiesen. Wer sein Lehrer in der Malerei gewesen, ist nicht
überliefert, doch erscheinen Einllüssbeggder van Eycldschen Schule
Schongauerfs und später Hans Burgkmaifs unabweisbar. Er hat in-
dess Züge, die ihm allein eigen sind und die ihm eine besondere
Stellung in der Geschichte der altdeutschen Malerei des 15. Jahr-
hunderts einräumen, eine feinedrnalerischeEmpfindung, dramatische
Lebendigkeit und scharf ausgeprägte Beobachtung für die einzelne
Persönlichkeit. Letztere Eigenschaft überträgt sich dann in aller-
höchstem Maasse auf seinen Sohn Hans, den berühmten Portrait-
maler.
Holbein's ältestes datirtes Werk stammt aus dem J. 1493. In
den Steuerregistern kommt er von 1494 an vor. Seit 1496 bewohnte
er mit seiner Mutter ein Haus in der Gasse „Salta zum Schlachten-
bad", von 1504-1510 im Mitbesitze mit seinem Bruder Sigmund.
Im Jahre 1502 gilt er nicht allein in Augsburg selbst als einer der
ersten Meister in seiner Kunste), sondern schon früher hatte er eine
Bestellung für das Dominikanerkloster zu Frankfurt aJM. erhalten,
die 1501 vollendet wurde. Aus dem Jahre 1496 erfahrt man, dass
Holbein einen Gesellen Namens "Stefann Kriechbaiu von Bassau"
(Passau) angenommen, und 1499 wird er als Bürger zu Ulm erwähnt,
1) Vergl. Dr. Meyer, Archivar zu Augsburg, in der Beilage zur Allg. Ztg.,
14. Aug. 1871 u. 25. April 1872, Dr. Ed. His, Jahrbücher für Kunstwissenschaft
IV. Jahrg. 1871 S. 215 ff , -Dr.W. Schmidt, ibid. S. 228 ü, und vor Allem A. Wolt-
mann, Holbein und seine Zeit 2. Aufl.
1') Eine Chronik des Klosters Kaisheim bei Donauwörth erzählt von dem Abte
Georg Kastner unter dem Jahre 1502, dass er eine köstliche Chortafel habe machen
lassen, daran "die besten iij maister zu Augspnrg haben gemacht, als sy zu der
zeit weit und prait mochten seyn, der Schreiner maister Wolf Kastner in Kais-
heimer hof, pildhauer maister Gregori, der Maler Hanns Holpain." So bei Hegner,
Hans Holbein S. 23 nach Mannlich in seiner Beschreibung der churpfalzischen
Gemälde-Sammlung III. 46. Vgl. auch Steichele's Beschreibung des Bisthums
Augsburg Bd. II. S. 667.