Die Augsburger Schule.
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Flügel mit Darstellungen aus der Legende der h. Helena auf Gold-
grund und einzelnen Heiligen auf der Rückseite, und zwei andre mit
Verkündigung und Geburt, Maria Tod und Krönung, können angs-
burgisch sein, sind aber höchst verschieden und lassen auf mannig-
fache auswärtige Einflüsse schliessen. Auch deuten manche Umstände
darauf hin, (lassMmagLin Augsburg fremder Künstler bediente.
Ein Maler Gumpolt Gültlinger, der um 1481 mehrere Altäre in St.
Ulrich und zwar einen für den bedeutenden Preis von 400 fl. malte,
ist nicht im Gerechtigkeitsbuche verzeichnet, war also nicht aus hie-
siger Schule-l), und noch im Jahre 1488 wandte sich, wie schon früher
angeführt, der Bischof von Augsburg bei der Beschaffung eines Altar-
werkes für die Kirche zu Hausen nach Ulm an Zeitblom. Vielleicht
kannte er die bedeutenden Meister nicht, die schon damals in seiner
eignen Residenz lebten, vielleicht sagte ihm ihre allerdings sehr aus-
gesprochene und von dem bisherigen kirchlichen Styl wesentlich ab-
weichende Richtung nicht zu. Denn jener oben angedeutete Auf-
schwung, der allerdings um dieselbe Zeit eintrat, hatte in der That
einen sehr eigenthümliehen Charakter und unterschied sich wesent-
lich von den Neuerungen, die kurze Zeit vorher in die andern deutschen
Schulen eingedrungen waren. Während bei diesen der allmälige Ueber-
gang zu mehr realigischen Tendenzen von der allgemeinen Stimmung
und den Zeitbedürfnissen getragen wurde und den objectiven Cha-
rakter der bisherigen Kunst beibehielt, äussert sich hierumit einem
Male eine mehr subjective, individuelle Auffassung, welche, in's volle
bewegtehLeben greifend, die Poesie desselben auchkünstlerisch mit-
zunfheileniistrebt und so, gewisse Mittelstufen überspringend, sich
bedeutend mehr als alle jene andern Gleichzeitigen der späteren,
modernen Kunst nähert.
drucksvoll, aber mit mangelhafter Zeichnung und trockener Farbe. Der Himmel
ist nicht mehr golden, die Landschaft ziemlich reizlos. [Nr. 14 des Augsburger
Kataloges. Prof. R. Marggraff vermuthet, dass Thoman Burgkmair der Urheber
des Werkes sei.]
1) v. Stetten a. a. O. 1.275. Man vermuthet in Augsburg, dass eraus Westphalen
stammte, schreibt ihm aber auch eine in der Gallerie beündliche Anbetung der
Könige mit dem Wappen der Familie von Stetten und der Jahreszahl 1506 zu.
Nach R. Hoffmann (Beiträge zur Augsburger Kunstgeschichte, in dem 1. Hefte
der „Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben und Neuburg" 1873) war
dieser Maler von 1493 an vorzüglich bei der Ausschmückxmg der neuerbauten St.
Ulrgchskirche thgitig, Augsb. Allg. Zeitung 1874, Beilage zu Nr. 126, 6. Mai. [Zwei
weitere Exemplare jenes Gegenstandes von der Hand Gültlingefs befinden sich
im Louvre zu Paris (Nr. 597 des Katalogs) und bei Dr. Hoffmann zu Augsburg,
letzteres mit dem vollen Namen des Malers bezeichnet]
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