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oberdeutschen Schulen.
Die
und es verdient bemerkt zu werden, dass schon im Jahre 1448 ein
Testator bei Stiftung einer Kapelle in der Kirche zu St. Ulrich darin
Malereien „.auf nasser Tünch" verordnete, während die meisten deutschen
Wandbilder dieser Zeit keineswegs al fresco ausgeführt sindl). Da-
gegen scheint es, dass vielleicht eben wegen dieser Vorliebe für Wand-
malerei, die Tafelmalerei sich nicht so frühe wie in andern Gegenden
Deutschlands h0b:_dass daher auch die Hinneigung zum Realismus,
die Beziehung zur Eyck'schen Schule und die Einwirkung" derselben
hier ausblieb oder doch nur schwach und mittelbar eintrat, und die
Kunst eine Zeit lang stille stand, bis sie, und zwar ohne äussern An-
trieb, nur durch die Kraft einzelner einheimischer Künstler einen
merkwürdigen Aufschwung nahm.
Die Zahl der erhaltenen Gemälde ist sehr klein, von einem Bilde
von 1431 im Dome habe ich, grade als von einem ungünstigen Zeugnisse
für den Stand derKunstin Augsburg, schon gesprochen; auch dieDecken-
gemälde des Peter Kalthof vom Jahre 1457 in der Amtsstube des Weber-
hauses [jetzt im Nationalmuseum zu München] sind sehr roh und hand-
werksmässige). Das grosse, den Tod der Maria darstellende Wandgemälde
mit der Jahreszahl 1467 im Chor der St. Jakobskirche lässt ZWitY unge-
achtet der starken Uebermalung noch den schönen milden Ausdruck im
Kopfe der Maria und den würdevollen in dem des J acobus erkennen 3),
steht aber im Wesentlichen noch auf dem Boden der idealen Schule.
Eine grosse Madonna mit sehr lieblichen Zügen und zwei Bilder aus der
Legende des h. Ulrich, beide in St. Ulrich und Afra, zeigen zwar den
Einfluss Eycläscher Schule, aber jene erinnert an ulmische Auffassung,
diese haben fast niederrheinischen Charakter. Einige Bilder der königl.
Gemäldegalerie, so eine grosse, iigurenreiche Kreuzigung aus dem
Kloster Kaisheim stammend und mit der Jahreszahl 1477 4), zwei
1) Die urkundliche Nachricht beruht auf dem Zeugniss des früheren Stadtarchi-
vars von Augsburg, Herberger, in der Versammlung deutscher Geschichts- und Alter-
thumsforscher. Vgl. d. Correspondenzblatt derselben 1856 S. 96 und D. K.-Bl. 1855
S. 363. Einen Beweis rüstiger Praxis in dieser Technik giebt auch die von
Fiorillo I. 324 mitgetheilte Chronikenstelle, wonach die Bürger das im J. 1460
abgebrannte Kloster der Carmeliter nicht nur rasch wiedererbauten, sondern so-
fort mit Wandgemälden schmücken liessen.
2) Waagen, K. W. u. K. in Deutschland II. S. 5. Die Gemälde an der Wand,
Welche ursprünglich auch von demselben Meister herrührten, sind 1538 und 1601
vollständig neu übermalt, die an der Decke aber gut erhalten.
3) Waagen a. a. O. S. 68. Passavant legt dem Maler dieses Bildes W011i nur
durch Verwechselung den Namen Planck bei.
4) Waagen a. a. 0. S. 61 und Passavant meinen wahrscheinlich dasselbe Bild,
welches damals im Dome gehangen haben mag, wo sie es sahen. Es ist aus-