Die Augsburger Schule.
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Heiligen zuschreibtl), geht, wie sein Streben nach Anmuth und feiner
Charakteristik, sowie der bleiche Farbenton beweisen, aus dieser
Schule hervor, ist aber ein schwacher Zeichner und selbst in der
Farbe unharmonisch. z" Einen bedeutenderen Ulmer Meister, der, wie
Waagen glaubt, dem Martin Schaffner als Vorbild gedient hat, kennen
wir bloss durch eine grosse, 7-8 Fuss hohe Tafel mit der Drei-
einigkeit und der Familie des Stifters, welche, aus Ulm stammend,
im Besitze des Hauptmanns von Cammerer in Stuttgart war 2). Auch
ausserhalb des Weichbildes von Ulm finden wir an vielen kleinern
Orten Schwabens Werke und einzelne Meister, die wir -zu Zeitblonfs
Schule im weitern Sinne des Wortes rechnen dürfen; indessen scheint
es nöthig, ehe wir darauf eingehn, zuvor die grösseste Stadt des
Landes, Augsburg, zu betrachten.
Sie ninimtd in der deutschen Kunstgeschichte eine ziemlich ge-
sonderte, aber nicht unwichtige Stellung ein. An Künstlern hatte
es der reichen Handelsstadt, die überdies die geistliche Hauptstadt
einer Kirchenprovinz war, niemalsmgefehlt; schon im XIV. Jahrhun-
dert waren die Malermit den Bildhauern, Glasern und Goldschlägern
zu einer Gilde zusammengetreten, deren freilich erst im XVI. Jahr-
hundert aufgesetztes und mit dem Jahre 1489 beginnendes s. g. Ge-
rechtigkeitsbuch auch hier wie in Ulm Malerfamilien ergiebt, deren
Mitglieder fast ein ganzes Jahrhundert hindurch in Ansehn blieben?)
Auch fehlte es ihnen nicht an Beschäftigung, und selbst die Chroni-
ken, obgleich sie sich nur mit öifentlichen Dingen beschäftigen, er-
geben eine ziemliche Anzahl von Malerwerken zum Theil sehr be-
deutenden Umfangs, wie z. B. das mit den Thaten alter deutscher
Helden und Könige, welches die Stadt im Jahre 1450 am Aeusseren
des Perlacherthurmes durch einen Maler Prenck oder Planck aus-
führen liess 4). Hauptsächlich scheint die Wandmalerei begünstigt,
1) Nr. 41 und 43. Den Grund dieser Benennung kenne ich nicht, da der
Name nicht einmal bei Weyermann vorkommt.
ß) Vgl. die Beschreibung im D. Kunstbl. 1857 Seite 388, und Waagems Be-
urtheilung daselbst 1858 Seite 48.
3) So die Familie von Köz; ein Maler dieses Namens kommt schon um 1400 vor,
während andre 1436 und 1482 genannt werden. Diese und die meisten der folgenden
Nachrichten sind durch Paul v. Stetten, Kunst, Gewerbe- und Handwerksgeschichte
von Augsburg, I. Band, 1779, II. Band, 1788, gesammelt, und von Fiorillo I. 321
und von Passavant im K.-Bl. 1846 S. 181 mehr oder weniger ausführlich mitge-
theilt und benutzt.
4) Wenn man einem Poeten von 1530 trauen darf, waren darin die Schlachten
der Cimbern und der Cherusker gegen die Römer, sowie Kaiser Otto's gegen die
Ungarn auf dem Lechfelde, also höchst umfassende Gegenstände dargestellt. v. Stet-
ten a. a. 0. II. 184.
Schnaase's Kunstgesch. VIII. 28