Der Altar zu Blaubeuren.
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leicht gleich darauf begann die Verschönerung im Innern des Chores;
an den Chorstühlen hat Georg Syrlin, wie seine Inschrift ergibt, im
Jahre 1493 gearbeitet, aber nicht das Ganze vollendet, da eine andere
Inschrift feststellt, dass das Werk nach dem Tode jenes Abts Hein-
rich (f 1496) von seinem Nachfolger fortgesetzt sei. Ebenso wird es
dem Hochaltare ergangen sein, der, eines der grössten und reichsten
Werke dieser Art, eine Reihe von Jahren in Anspruch genommen
haben mussl). Bei voller Oeffnung der Doppelilügel sieht man im
Schreine Maria mit dem Kinde auf der Mondsichel stehend zwischen
vier "Heiligen, den beiden Johannes und dem Geschwisterpaare Bene-
dictus und Scholastika, auf den Flügeln aber in grossen, reich ver-
goldeten Reliefs die Anbetung der Hirten und die der Könige. Auch
die Staffel enthält Schnitzwerk, die Brustbilder Christi und Ader Apostel,
und zahlreiche Statuen schmücken den hohen Altaraufsatz, sämmtlich
wie die des Schreines von meisterlicher Arbeit, die Figuren von
grossartiger Haltung, die Gewänder weit und massig, Maria sehr schon
und anriufhig, die Heiligen, besonders Benedictus, sehr würdig, aber
dennoch ist darin nicht die zarte Anmuth und der leichte Fluss der
Linien wie bei Syrlin, dem man sie zugeschrieben hat. Auch war der
nur Schreiner und Bildhauer, von dem wir kein bemaltes Schnitzwerk
nachweisen können, während dieses gewiss auch hier wie gewöhnlich
von dem Maler geliefert sein wird. Nach dem Schlusse dieser inneren
Flügel sieht man auf ihrer Rückseite, in Verbindung mit dem äusseren
Flügelpaare die Geschichte Jdhannes des Taufers in sechzehn ziem-
lich grossen, in zweiWReihen geordneten Gemälden "auf Goldgrund
ausführlich erzählt. Der Eindruck dieser mächtigen, sehr gut er-
haltenen Bilderreihe ist imponirend und die Fülle von Gedanken,
Leben und Ausdruck in ihnen fesselnd und befriedigend. Die schlanke
ibei den meisten der Gestalten, die ungeachtet der
mehr dramatischen" Aufgaben immer, selbst bei den Peinigern, ge-
mässigtcwljaltung und Bewegung, die Anmuth und die portratartige
WVahrhgLßder Kophftaiselbst im Ganzen geiioinmen der Farbenliöfer-
innern an ihn. Bei näherer Betrachtung erkennt man indessen ver-
schiedene Hände, von denen keine für ihn ganz genügt. Einer dieser
G-ehülfen liebt auch kürzere Figuren und einen dunkleren Farbenton
und nähert sich sogar dem Martin Schaffner. Auf der Ausyseite
dieser Flügel sind vier Momente der Passion in weiterLandschaft
1) Vgl, Beschreibungen in Grüneisen und Maueh S. 49 und besonders von
Passavant im Kunstbl. 1846, S. 171. Eine grosse Zeichnung des Altars mit seinem
Aufsatze, jedoch nur bei voller Oelfnung, also nur des Schnitzwerks, ist von Wagner
und Walther gestochen und von Heideloif herausgegeben.