Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

430 
Schulen. 
oberdeutschen 
Die 
zweifelhaften Werke Zeitblom's reichen bei Weitem nicht aus, seine 
Zeit, etwa von 1483 bis gegen 1517, wo wir ihn zuletzt erwähnt 
finden, zu füllen und können gewiss noch bedeutend vermehrt 
werden. Ohne Zweifel aber hatte er auch mehr oder weniger zahl- 
reiche Schüler und Gehülfen, deren er sich bei umfassenderen Auf- 
trägen bediente, und deren Mitwirkung es erschwert, seine eigenen 
Leistungen daran festzustellen, die aber jedenfalls unter seiner Leitung 
entstanden sind und seinen Geist erkennen lassen. 
Zu diesen grösseren Unternehmungen wird schon der Altar in 
dem Augustinerkloster zu den Wengen in Ulm gehört haben, von 
dem noch Fragmente erhalten sind, nämlich sechs Tafeln in der 
Sakristei des Ulmer Münsters und zwei invder früher AbeVschen 
Sammlung. Sie bildeten Theile der Flügel und sind auf beiden 
Seiteiiubemalt und zwar auf der einen mit lgleinen einzelnen Bildern, 
auf der anderen äusseren aber mit kolossalen Heiligengestalten und 
mit einer ebenso grossen Darstellung des Gebets am Oelberge, 
welche aber jetzt, da man jene durch Auseinandersägen getrennt 
hat, zerschnitten und selbst nicht vollständig erhalten ist. Jene 
kleinen Bilder, darunter fünf aus dem Leben Christi, zwei mit männ- 
lichen und weiblichen Heiligen und eines mit der Messe des heiligen 
Gregors, sind ungleich in der Ausführung und von verschiedenen 
Händen, aber im Allgemeinen von grosser Anmuth, besonders die 
weiblichen Köpfe und so sehr im Style Zeitblo1n's, dass man sie 
für Werke seiner Schule halten darf. Sehr viel bedeutender sind 
dagegen die Kolossalgestalten der Rückseite, in der Farbe leicht ge- 
halten, aber von festester, grossartiger Zeichnung, Köpfe von hohem 
Ernst, Gewandung von strenger Schönheit, Körper von edler Bildung. 
Es ist etwas Alterthümlicheres aber Kräftigeres darin als in anderen 
Werken Zeitblom's, so dass man sie für Arbeiten seiner Frühzeit 
oder eines ihm verwandten älteren Meisters halten müsste. 
Noch viel grossartiger ist das zweite Werk dieser Art, der be- 
rühmte Altgrmvon Bvlajubkeuren. In diesem wenige Meilen von Ulm 
belegenen reichen Benedictinerkloster lebte nämlich gerade in Zeit- 
blom's Blüthezeit ein kunstliebender Abt, der sich, ohne Zweifel mit 
Benutzung der künstlerischen Kräfte der Nachbarstadt, die Aus- 
schmückung seiner Kirche angelegen sein liess. Den Anfang machte 
ein grosses Wandgemälde an der Aussenseite des Kirchengiebels, mit 
der Jahreszahl 1490 bezeichnet, Johannes der Täufer mit dem Lamme 
in kolossalen Verhältnissen. Die grossartige und schlichte Körper- 
bildung und Gewandbehandlung erinnert hier so Sehr an Zeitblßm, 
dass wir nicht anstehen dürfen, ihn für den Urheber zu halten. Viel-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.