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Schulen.
oberdeutschen
Die
zweifelhaften Werke Zeitblom's reichen bei Weitem nicht aus, seine
Zeit, etwa von 1483 bis gegen 1517, wo wir ihn zuletzt erwähnt
finden, zu füllen und können gewiss noch bedeutend vermehrt
werden. Ohne Zweifel aber hatte er auch mehr oder weniger zahl-
reiche Schüler und Gehülfen, deren er sich bei umfassenderen Auf-
trägen bediente, und deren Mitwirkung es erschwert, seine eigenen
Leistungen daran festzustellen, die aber jedenfalls unter seiner Leitung
entstanden sind und seinen Geist erkennen lassen.
Zu diesen grösseren Unternehmungen wird schon der Altar in
dem Augustinerkloster zu den Wengen in Ulm gehört haben, von
dem noch Fragmente erhalten sind, nämlich sechs Tafeln in der
Sakristei des Ulmer Münsters und zwei invder früher AbeVschen
Sammlung. Sie bildeten Theile der Flügel und sind auf beiden
Seiteiiubemalt und zwar auf der einen mit lgleinen einzelnen Bildern,
auf der anderen äusseren aber mit kolossalen Heiligengestalten und
mit einer ebenso grossen Darstellung des Gebets am Oelberge,
welche aber jetzt, da man jene durch Auseinandersägen getrennt
hat, zerschnitten und selbst nicht vollständig erhalten ist. Jene
kleinen Bilder, darunter fünf aus dem Leben Christi, zwei mit männ-
lichen und weiblichen Heiligen und eines mit der Messe des heiligen
Gregors, sind ungleich in der Ausführung und von verschiedenen
Händen, aber im Allgemeinen von grosser Anmuth, besonders die
weiblichen Köpfe und so sehr im Style Zeitblo1n's, dass man sie
für Werke seiner Schule halten darf. Sehr viel bedeutender sind
dagegen die Kolossalgestalten der Rückseite, in der Farbe leicht ge-
halten, aber von festester, grossartiger Zeichnung, Köpfe von hohem
Ernst, Gewandung von strenger Schönheit, Körper von edler Bildung.
Es ist etwas Alterthümlicheres aber Kräftigeres darin als in anderen
Werken Zeitblom's, so dass man sie für Arbeiten seiner Frühzeit
oder eines ihm verwandten älteren Meisters halten müsste.
Noch viel grossartiger ist das zweite Werk dieser Art, der be-
rühmte Altgrmvon Bvlajubkeuren. In diesem wenige Meilen von Ulm
belegenen reichen Benedictinerkloster lebte nämlich gerade in Zeit-
blom's Blüthezeit ein kunstliebender Abt, der sich, ohne Zweifel mit
Benutzung der künstlerischen Kräfte der Nachbarstadt, die Aus-
schmückung seiner Kirche angelegen sein liess. Den Anfang machte
ein grosses Wandgemälde an der Aussenseite des Kirchengiebels, mit
der Jahreszahl 1490 bezeichnet, Johannes der Täufer mit dem Lamme
in kolossalen Verhältnissen. Die grossartige und schlichte Körper-
bildung und Gewandbehandlung erinnert hier so Sehr an Zeitblßm,
dass wir nicht anstehen dürfen, ihn für den Urheber zu halten. Viel-