Zeitblom.
Bartholomäus
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Einbuge an der Stirne, die Augen sind oft klein und geschlitzt,
lebendige Bewegung und dramatischer Ausdruck ist nicht gerade seine
Sache, wo er, wie auf den Augsburger Tafeln, Martyrien darstellen
muss, fallen sie wohl etwas lahm und schwach aus. Auch halten
sich alle seine übrigen Bilder in dem Kreise milder, wenig bewegter
Vorgänge. Seine Zeichnungw reicht bei grösseren Dimensionen nicht
ganz aus; die Haltung der Hände und Füsse ist oft mangelhaft, selbst
jener herrliche Johannes Baptista aus Eschach steht nicht recht sicher.
Genreartige, humoristische Züge kommen nicht vor, die Landschaft
ist wenig ausgefühirt"'i1nd ohne Interesse, auch liebt er Goldgrund.
Seine Färbungnendlichsist. warm, kräftig und sehr harmonisch, aber
doch leicht mit einem vorherrschend grauen, Tonej Was hauptsäch-
lich an ihm anzieht, ist der Ausdruck des Gefühls und die demselben
entsprechende Formgebung. Ein heiliger Ernst, eine fromme, demüthige
Stimmung herrscht in allen seinen Bildern. Vor Allem spricht sie
sichWn-atürlich in den haus, die denn auch von vorzüglicher
Ausbildung und Tiefe sin ; die Männer würdig und kräftig, die Fragen
und Engel allerdings in ihren gradlinigeFZügen mit einer gewissen
Strenge, aber doch auch wieder höchst lieblich. Besonders wirksam
18136311 auch die Gewandbehandlungwinit ihren langen ungebrochenen
Linien und den richtigmabgemessenen breiten und kleineren Flächen.
Die Linienfiilirung hat allerdings nicht den feinen Schwung, wie die
besseren Bilder der frühen Kölner Schule, sie ist gradliniger, aber
sie entspricht dadurch mehr der Natur, stimmt dadurch besser zu
den individuellen Zügen der Köpfe und trägt dazu bei, den Ausdruck
einerdemüthigen wahren Frömmigkeit zu geben, im Gegensatze zu
der kühneren lyrischen Stimmung jener älteren Schule. Der Auf-
fassung ist dann aber auch Färbung und Zeichnung, selbst mit Ein-
schluss ihrer Mängel angemessen, so dass das Ganze in sich völlig
harmonisch und befriedigend ist. Man kann unsern Meister nicht
besser bezeichnen, als mit den Worten Waagen's, der ihn den Deut-
schesten der deutschen Maler nennt.
Die oben aufgezählten inschriftlich bezeichneten oder sonst un-
sich übrigens auf keinem seiner echten Bilder findet) gewiss nicht von ihm her. Da.-
gegen sollen die im Besitze des Fürsten zu Waldburg-Truchsess auf Schloss YVolfegg
bei Ravensburg befindlichen colorirten Federzeichnungen sehr interessanten Inhalts
(u. A. den Einfluss der Planeten auf die Menschen durch Volksscenen geschildert) nach
Harzen a. a. O. S. 14 dem Zeitblom sehr verwandte Züge tragen. Auch E. Förster,
der eine dieser Zeichnungen (die Luna) inwden Denkmalen Band III, Abth. 3 publi-
cirt hat, schreibt sie einem schwäbischen Meister zu, der jedoch dem Martin
Schongauer nahe stehe.