Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Ulmer Schule. 
Die 
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Auch erstreckte sich die Wirksamkeit dieser Malerschule weit über 
das Weichbild der Stadt hinaus, südlich bis an den Bodensee, nordöstlich 
den Neckar entlang und bis Pforzhekiin." In grossem Umkreise ünden wir 
Werke vöümitiischen Künstlern oder doch eine ihnen verwandte Kunst- 
richtung. Mehr als das grössere und reichere Augsburg war Ulm der 
künstlerische Mittelpunkt yon Schwaben und es bildete sich hier eine 
Schule, welche dein sinnigen, tüchtigen, schlichten Wesen des schwa- 
bischen Volksstammes auch den rechten malerischen Ausdruck schaffte 
und satte? bleibenden Anklang fand. Auch hier entwickelte sich diese 
Kunstrichtung erst mit Hilfe der fiandrischen Schule, aber sie blieb 
nicht in so unbedingter Hingebung an dieselbe stehen, wie Friedrich 
Herlen, sondern machte von dem Dargebotenen nach eigenem Genius 
Gebrauch, liess ltlanchesufallen und betonte Anderes stärker als dort 
geschehen wärfih glänzender Farbenyyirliungi kommt sie jener nicht 
gleich; ihre Farbe ist  nicht ohne Kraft, aber doch 
einförmiger, nicht vonlso reichem Umfange, nicht von so tiefer Gluth. 
In der Zeigllllgpg steht sie ihr nicht nach, weiss den grögssäeren 
Dimensionen, welche auch diese wie die anderen deutschen Schulen 
annahm, ebenso zu genügen, wie jene ihren kleineren, aber mit manchen 
Eigenthümlichkeiten. Namentlich liebt diese Schule eine einfache 
Linienführung. Die Gewandfalten sind überwiegend geradlinig und 
wenig gebrochen, die Körper schlank, manchmal selbst zu sehr, die 
Gesichtszüge entschieden länglich, besonders die Nasenlänge und 
Oberlippe. Die Bewegungen massig und ruhig. Bei Passionsscenen 
wird auch hier die Rohheit der Peiniger sehr stark betont, aber doch 
nicht in dem Uebermaasse und mit den verrenkten Formen wie in den 
meisten anderen Schulen, so dass man auch an ihnen noch die Ruhe 
und Gemüthlichkeit wahrnimmt, welche bei den andertitalten 
vorherrscht. Jene geschilderte Gesichts- und Körperbildung ist nun 
freilich kein Product der Phantasie, sondern aus der Natur genommen, 
es ist der schirafbische Typus, aber das Vorherrschen gerader, ge- 
führt er historisch aus, seien immer verbunden gewesen, und trafen nun bei ihm, 
N icolaus, in einer Person zusammen. Aber die Malerei sei bei ihm grösser "Lande te 
quem pictura summum, eloquentia mediocrem habet, et hortor ut qualis es 
pictor, talem te velis oratorem praestare". Dieser Vorwurf der Mittelmätssig- 
keit, dem Stadtschreiber in der eloquentia, also in seinem Berufe, der damals 
gerade auch einen gewissen künstlerischen Nimbus hatte, gemacht, ist so auffallend, 
dass man an irgend einen verborgenen Sinn, an einen Scherz, eine Ironie denken 
möchte. Indessen ist der Brief doch übrigens zu ernst gehalten, und des Aeneas 
Stellung als klassisch gebildeter Italiener, als anerkannter Redner und Poet, end- 
lieh als Geheimschreiber des Kaisers dem namenlosen Stadtsecretär gegenüber, 
mochte ihm schon einen etwas vornehm herabsehenden Ausdruck erlauben. 
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