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Die oberdeutschen
Schulen.
Hand sind, wie jene in Nördlingen; es sind ganz dieselben Motive,
dieselben Anklänge an bekannte flandrische Bilder. Nur darin hat
der Meister deutscher Sitte nachgegeben, dass er sie (mit Ausnahme
der Darbringung im Tempel) auf Goldgrund gemalt hat; im Uebrigen
jedoch ist seine Ausführung hier meisterlicher, doch immer noch
seinen {iandrischen Vorbildern nachstehend. Der Tod Maria, bei dem
es ihm an solchen fehlen mochte, ist auch steifer und ungeschickter,
indessen mochte die etwas unbequeme breiteForm, der er seine
Composition anpassen musste, diesen Fehler verschulden. Ganz an-
ders wie dort und von höchster Schönheit sind aber die Statuen des
SChTBlIIS, indem auch sie das Gepräge der Eyckschen Scliule tragen
und sich durch edle Form und sinnigen Ausdruck, durch bessere Ge-
wandbehandlung Lind reinere Zeichnung vor den meisten gleichzeitigen
Arbeiten dieser Art. auszeichnen. Die Bemalung dieser Statuen ist
von höchster Sgrgfalt und stimmt ganz mit den Flügelbildern über-
ein, auch lautet die noch erhaltene Inschrift auf der Aussenseite der
Flügel ganz unbeschränkt: „Dies Werck hat gemacht Frieerich Herlein,
Moler 1466". Man wird daher annehmen dürfen, dass er selbst das
Schnitgwerlg__gefertigt oder doch nach seinen Zeichnungen hat aus-
führen lassen. In der Blutkapclle der St. J akobskirche ebendort ist ein
Madonnenbild mit der heil. Barbara und der Familie der Stifterin be-
wahrt, welches die Jahreszahl 1467 trägt, ohne Namen des Malers, aber
von Waagen mit Recht unserem Meister zugeschrieben wird 1). [Daselbst
befinden sich auch noch ein Schweisstuch der hl. Veronika und ein Ecce
homo, welche ebenfalls von Herlen herrühren] Das nächste seiner
Werke ist dann ein Altar in der St. Blasiuskirche zu Bopfingen, unfern
Nördlingen, von dessen fast völlig zerstörter Inschrift noch die Jahres-
zahl 1472 zu lesen ist 2). Das Schnitzwerlz ist hier geringer, die Ge-
mäldejlerwflügel, die Geburt Christi und die Anbetung der Könige
zeigen _Herlen'_s_ Hand, die Bilder aus der Legende des heil. Blasius
auf der Aussenseite und die aus der Passion auf der Rückseite sind
Wriüdererliand; muthmaasslich von Friedrich Walther von Dinkels-
bühl, einem schon seit 1460 in Nördlingen ansässigen llIalei-3). Auf
einem Flügelbilde vom Jahre 1488 (jetzt im RathhausveszuhNörd-
lingen) entsciiricht nicht bloss die Ausführung, sondäifauch die An-
1) Waagen, K. W. u. K. I. Thl. S. 329.
2) Passavant, K. Bl. 1846 S. 178.
ß) Ich fand dies in den Notizen des Malers Müller. Wie Grüneisen im Niclaus
Manuel S. 71 nach den Deliciae urbis Bernae angibt, ist derselbe Friedrich Walther
aus Nördlingen im Jahre 1470 in Bern gewesen und hat dort für die Glasgemälde
des Münsterchors gearbeitet.