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oberdeutschen Schulen.
sDie
eignete, von dem Idealen in gewissem Sinne scheidet, ist hier beides
inniger verschmolzen, die Wirklichkeit unvollkommener, aber schon
im Lichte des Idealen aufgefasst, so dass zwischen beiden kein Gegen-
satz ientstehtf
Ausserhalb Colmar ist kein einziges völlig zuverlässiges Gemälde
Schongauefs aufzuweisen. Die meisten ihm zugeschriebenen in den
öffentlichen ,Galerien haben in der That nichts mit ihm gemein. Das
herrliche, leider in den Hintergründen arg übermalte Flügelbild im
Belvedere zu Wien (Zimmer II. Nr. 81) ist zwar in dem edeln Aus-
druck tiefen Schmerzes ihm ebenbürtig, aber entschieden niederlän-
dischen Ursprungs. Eine Reihe von acht Bildern auf Goldgrund,
theils in der Moritzkapelle zu Nürnberg (Nr. 59. 62. 63. 66. 111. 115.
Waagen a. a. O. I. Seite 18.5." Gassert im Kunstbl. 1841, Seite 37),
theils in Schleissheim, welche die Familien der Verwandtschaft Maria
einzeln, gewissermassen in ihrer Hauslichkeit durch beigeschriebene
deutsche Knittelverse erklärt, darstellen und fünf ihnen ganz ähnliche
Bilder in der Pinßojhek Nr. 11. 13. 626. 737 und 1346, sammtlich
aus der Fürstlich lrVallersteinschen Sammlung in die Kgl. Bayerische
übergegangen, galten früher für Werke Schongauens, dann für solche
Schühleims, sind aber in der That vom Meister der Sammlung Hirscher.
Dagegen besitzt seit 1866 das Belvqlere in Wien ein kleines überaus
wohlerhaltenes Bild aus der Sammlung" des Directors Böhm, welches
man fast mit Gewissheit Schongauer zuschreiben möchte. Maria in
rothem Kleide mit einem Mantel von anderer rother Farbe, der dem
Boden aufliegend viel gebrochene Falten bildet, halt das (Jhristkind,
das, auf ihren Knien stehend, aus ihren Händen Trauben nimmt. Im
Hintergrund sieht man im Halbdunkel Joseph, der Heu trägt; da-
hinter Ochs und Esel. Hände und Arme der Jungfrau haben die be-
kannten mageren Formen, der Körper aber ist voll und gut und
der Kopf völlig übereinstimmend mit den Madonnen mancher seiner
Kupferstiche. Die ganze Gestalt und alles Beiwerk, z. B. der Korb
mit Trauben zu ihren Füssen ist aufs Sorgfältigste in niederländischer
Farbenpracht ausgeführt.
[Aehnlich an Werth und Grösse ist eine heilige Familie, die vor
einigen Jahren aus der Schleissheimer Galerie in die Pinakothek zu
München kam. Maria, dem Hinde eine Blume reichend, sitzt in einer
gebirgigen Landschaft vor dem Stalle, inwwelehem Joseph und die
Thiere sichtbar. Lieblich in der Auffassung und fein in der Durch-
führung wie das Wiener Bildchen, ist es leider nicht ganz unberührt.
Nicht ganz zweifellos ist der heilige Joachim im Museum zu Basel
(Kßpf in Lebensgrösse). Ueber einige zweifelhafte Bilder, die Schon-