Michael Wolgemut.
389
Ausserhalb Nürnbergs wird ihm vielleicht der Altar in der Pfarr-
kirche des nahen Städtchens Hersbruck, in grösserer Entfernung
aber der in der Augustiner- (Regler) Kirche zu Erfurt 1) gehören,
beides wieder höchst "üinfassende, inSchnitzwerk und Malerei reich
ausgestattete Werke. Auch ein ähnlicher, obgleich nicht ganz so
ausgedehnter Altar mit Schnitzwerk und Gemälden in der Kloster-
kirche zu l-Ieilsbronn bei Nürnberg, def von dein Markgrafen Fried-
rich Wffvorfmlilelienzollern, dem zweiten Sohne des Kurfürsten Albrecht
Achilles aus seiner ersten Ehe, und zwar wie die darauf befindlichen
Portraits schliessen lassen, etwa um 1500 gestiftet istg), trägt sehr
verwandte Züge und erregt nur dadurch Bedenken, dass er in der
Ausführung schöner und vollendeter, in den Portraits individueller
und lebendigefistjwals irgend eine beglaubigte Arbeit Wolgemuts.
Es ist freilich denkbar, dass der vielbeschaftigte Meister hier ein Mal
alle seine Kräfte angestrengt und sich selbst übertroffen hat, ebenso-
wohl aber auch, dass ein anderer bedeutenderer Meister in Nürnberg
gelebt habe und unbekannt geblieben sei. Eine Lösung dieser Zweifel
ist kaum zu hoffen, aber auch für das kunsthistorische Interesse nicht
so wichtig, wie Manche glauben. Die Nürnberger Schule zu W01-
gemufs Zeit steht eben noch nicht auf dem Punkte, wo die Indi-
Schluss derselben acht Bilder aus der Passion, je zwei auf einer Tafel; ganz aussen
endlich noch vier Darstellungen aus dem Leben der hlaria. Jeder Flügel 8 Fuss
10 Zoll hoch und 5 Fuss 2 Zoll breit, aber auch nur die inneren von der Hand
des Meisters gemalt, die anderen roh und oberflächlich.
1) Schorn in dem Vortrage über altdeutsche Sculptur, Erfurt 1839. Kugler,
kl. Schr. II. 28. Die Statuen des Schreines sind verloren, die Flügel daneben
stellen in zwölf Reliefs auf einer Seite die Kindheit Christi nebst dem Tode der
Maria, dort Passionsmomente nebst der Auferstehung dar, die vier grossen Gemälde
der Aussenseite aber Dornenkrönung, Geisselung, Erscheinung Christi und die
Ausgiessung des heiligen Geistes. Die architektonische Anordnung des Ganzen ist
reicher und geschmackvoller als bei andern Altarwerken Wolgemuvs, mit Stabwerk
und gemalten Medaillons und Statuetten von Engeln, Propheten und Erzvätern aus-
gestattet. Die Reliefs und Gemälde sind aber völlig in seinem Style mit einzelnen
Zügen von Idealität, doch härtester Rohheit und Gemeinheit der Nebengestalten,
in guter kräftiger Farbe, aber mit handwerksmässiger Zeichnung ohne feineres
Naturgefühl.
9) Der Schrein und die Innenseiten der Flügel enthalten in Statuen die An-
betung der Könige und je zwei Heilige; nach dem Schlusse der inneren Flügel
sieht man vier grosse Gemälde, die Verkündigung, Geburt, Präsentation im Tempel
und die Krönung hlariä, nach dem der äussern aber oben die Kreuzigung und die
Messe des heiligen Gregor und darunter knieend und anbetend die Familie des
Stifters, des Markgrafen mit acht Söhnen und seine Gemalin mit ebenso viel jungen
Damen, Töchtern und Schwiegertochter. Man hat es früher Dürer zugeschrieben,
dem es gewiss nicht angehört; Waagen a. a. 0. S. 307 und neuerlich im Hand-
buche I, S. 193 erklärt es mit Gewissheit für Wolgemutls Werk.