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Die rheinischen Schulen.
sion sind aber auch hier noch fortgelassen. Die spätere Zeit wollte
sich damit nicht begnügen, sondern verlangte neben dem Lichte den
Schatten und zwar in recht grellemmßegensatze, aber der conserva-
tive Sinn des westphälischenß Stammes "wiöllte doch auch jene tradi-
tionelle Anordnung nicht aufgeben und so finden wir denn unsern
Soegter Meister bemüht, wenigstens die letzten Momente der Pas-
sionsgeschichte auf dem Bilde der Kreuzigung anzubringen. Spä-
tere gingen dann noch weiter. Auf einem aus der Kirche zu Ameis-
bijren stammenden, im Provinzialmuseum zu Münster bewahrten?
schon dem 16. Jahrhundert angehörenden Bildel) finden wir, dass
der Maler auf dem einen Flügel die vier Momente des überirdischen
Waltens Christi von der Auferstehung an ganz der alten Tradition
gemäss beibehalten, auf dem andern dagegen statt der Kindheits-r
scenen, die er ganz fortlässt, vier Momente der Passionsgeschichte, das
Gebet am Oelberge, dießgefangennehmung, Geisselung und Dornen-
krönungtdargeställtfimibas"Mittelbild ist auch hier wieder die Kreu-
zigung mit den Nebenmomenten, so dass das Ganze statt der begriif-
liehen Nebeneinanderstellung der erhebendsten Heilslehren GinäQllTQl
nologische Folge und zwar von Gethsemane bis zum jüngsten Tage
enthältfufiiefsie allerdings in den anderen deutschen Schulen schon
gebräuchlich war.
Es ist ein merkwürdiger Beweis des gesteigerten künstlerischen
Bedürfnisses, dass in dieser Epoche neben der blühenden Maler-
schule von Köln eine z errheinische Schule entstehen und
sich halten konnte, und noch mer (Würdigerftlziss sie, von den beiden
idealistischen Schulen von Köln und von Westphalen eingeschlossen,
doch einen selbstständigen Charakter annahm und sich mehr den
Schulen des innern Deutschlands näherte. Calcar, der Sitz dieser
neuen Schule, war damals nicht so unbedeuteiidi wie jetzt, es war
durch Handel und Tuchfabrikation blühend und wurde gegen die
Mitte des Täfujälirliiiiiildertsfder Sitz eines auf den Wunsch des Herzogs
von Gleve gegründeten Bisthums. Wahrscheinlich war es um diese
Zeit, dass ein von Flandern zurückkehrender Nladler, oder Bildschnitzer
sich hier niederliess, wo denn bald wandernde vlllalerlgggjyffe" als
Gehülfen in seiner Werkstatt blieben und ihn in "den Stand setzten,
andere Bestellungen der Umgegend auszuführen, bis sein Ruf weiter
verbreitet war und auch Entferntere sich nach Calcar wandten. Nach-
richten über diesen Hergang besitzen wir zwar ebenso wenig, als wir
Lübke a.
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