Gemälde aus
Soest.
369
Farbe ist kräftig. Die Henker sind individuelle, aus dem Leben ge-
nommene Gestalten, aber ohne übertriebenemwälasslichkeit und massi-
ger bewegt wie selbst auf 11h KölnefwPassionsbildern. Ueberhaupt
hat der Maler dem Bilde ungeachtet der Menge grausamer Martern,
die es enthält, eine rulriugaeuHaltung zu geben gewusst. Noch mehr
gilt dies von dem heil. Erasmus, den wir zuerst im Kessel siedenden
Oels mit gefalteten Händen und gesenktem Haupte andächtig betend
und nachher bei der fürchterlichen Qual, welche ihn die Legende
erleiden lässt, bei dem Auswinden der Eingeweide so freundlich
lächelnd auf dem Brette liegen sehen, dass selbst der dabei stehende
König in goldbrocatenem Gewande Mitleid zu empünden scheint.
Die Henker sind theils phantastisch, theils mit dem altwestphälischen
Kittelmbelileidet, die umstehenden Personen zum Theil portratartig
aber der vorherrschende Charakter ist doch milde und erhaben.
Beide Bilder haben reichen landschaftlichen Hintergrund, aber hier
mit goldenem Himmel. Eine jetzt nicht mehr erhaltene Inschrift soll
die etwas Atsjiäte, Jahreszahl 1489 angegeben habenl). [Diese Zahl
findet sich in der That noch heute auf dem Bilde vor und zwar an
dem Giebel des gothischen Baldachins, unter welchem der verur-
theilende Fürst sitzt. Uebrigens scheint uns der Verfasser den
Werth des Werkes ziemlich überschätzt zu haben. Vielleicht, wenn
er es noch an seiner jetzigen, für den Beschauer so bequemen
Stelle gesehen hätte, würde er gefunden haben, dass es zwar von
einem liebenswürdigen, echt religiösen Geiste durchweht ist, der
geistige Ausdruck dagegen und die formale Durchbildung in jeder
Hinsicht doch gar gering sind. D. H.]
Von nahekommendem Werthe ist eine grosse auf Goldgrund ge-
malte Altartafel mit einer ügurenreichen Darstellung der Kreuzigung
in der Marienkirche zur Höhe in Soest [vor mehreren Jahren in
Berlin und glücklicherweise sehr pietätvoll restaurirt]. Die beglei-
tenden Momente, Kreuztragung, Grablegung, Descensus u. s. f. sind
im Hintergründe in der weiten Landschaft angebracht. Die Gestalten
sind schlank, die Gesichter fein und besonders in der Frauengruppe
ausdrucksvoll, die Kriegsknechte ohne grosse Uebertreibung, dabei
ist die Farbe leuchtend und tief.
Aus Soest stammt dann auch ein grosses ügurenreiches Flügel-
bild im Berliner Museum, in welchem wir die idealistische Rich-
tung der westphälischen Schule noch, aber bereits im Kampfe mit
dem flandrischen Einflüsse und mit der wachsenden realistischen
1) So versichert Becker in Kuglefs Museum
Schnaaseäz Kunstgesch. VIII.
1835,
Nro.