Gemälde zu München,
Nürnberg, Berlin, Linz u.
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stellenden Bildern, welche sich theils in der Pinakothek zu München,
theils in der Moritzkapelle zu Nürnberg befindenl), mag eins der
ältesten, wahrscheinlich vor dem Jahre 1463 entstandenen Werke
dieser Richtung sein. Sie bilden eine der lieblichsten Idyllen, von
zartem, fast weiblichem Charakter. Bei ziemlich kleinen Dimensio-
nen (jede Tafel 2 F. 8 Z. hoch und 3 F. 5 Z. breit) schliessen sie in
der Behandlung des Beiwerks und Schmuckes sich den niederländi-
schen Vorbildern sehr nahe an. Bei dem Zusammentreffen des Joa-
chim und der Anna an der goldenen Pforte ist im landschaftlichen
Hintergründe sein Aufenthalt bei den Hirten und die Ankündigung
durch den Engel angebracht, bei der Geburt der Jungfrau erinnert
die häusliche Einrichtung der Wohnstube, bei ihrem Aufsteigen zum
Tempel die zum Theil genreartige Haltung der Nebenüguren an flan-
drische Auffassung. Dagegen ist die schlanke Körperbildung der
Figuren, der etwas einförmige und wenig belebte Ausdruck der Köpfe,
das bleiche Colorit, die Mässigung und man möchte sagen Schüch-
ternheit der Bewegungen noch überwiegend im Charakter der ältern
Kölner Schule. Von derselben Hand scheinen die Darbringung im
Tempel, Nro 15 der Moritzkapelle, das Paradiesesbild im Berliner
Museum, Nro. 1235, wo in Gegenwart der knieenden Familie des
Stifters Maria im Gartenzwinger mit drei weiblichen Heiligen sitzt,
und endlich mehrere Bilder in Kölnischen Sammlungen 1).
Wahrscheinlich nicht von demselben, aber von einem nahe ver-
wandten Meister sind zwei Altarwerke in der Kirche zu Linz am
Rhein, das grössere und bedeutendere mit der Jahreszahl lldämwDie
Mitteltafel enthält in vier Abtheilungen die GeburtwChristi, die Dar-
stellung im Tempel, die Anbetung der Könige und die Krönung oder
Verherrlichung der Jungfrau, die mit Christus den Thron theilt. Auf
den Flügeln ist hier die Verkündigung, dort die Ausgiessung des
heiligen Geistes nebst der damit in ungewöhnlicher Weise verbunde-
nen Krönung der Jungfrau, alles auf Goldgrund und mit Figuren von
etwa ein Drittel der Lebensgrösse dargestellt. Auf den Aussenseiten
der Flügel sieht man links die Verkündigung (hier die Jeiirääiäim
1) In München Kab. II., Nr. 613 if. In der Moritzkapelle Nr. 6 Geburt der
Maria. Ganz ähnlich, aber, weil von anderer Dimension (2 Fuss 10 Zoll hoch,
2 Fuss 5 Zoll breit), nicht zu demselben Altar- gehörig, sind zwei andere Bilder
aus dem Leben der Maria in München (Nr. 623 und 624) und eines in der Samm-
lung des Herrn Neven in Köln. Vgl. Katalog von 1854, Nr. 239 und Lübke im
D. K.-B1. 1855, S. 166.
2) Namentlich bei Clave van Bouhaben (ehemals Zanoli) und bei Dr. Dormagen
(ehemals Dr. Kerp). Die meisten der im Texte genannten, am Rhein beündlichen
Bilder sind von Kugler (kl. Sehr. II. 802 ff.) ausführlich beschrieben.