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Die rheinischen Schulen.
nach einem damals im Besitze eines reichen Kölner Bürgers beiind-
lichen Cyklus als den „Meister der Lyversbergischen Passion" be-
zeichnete. So lange die Zahl dieser Bilder klein war, erhielt sich
diese Meinung; die Ausstellung im Gürzenich zu Köln v. J. 1854,
welche die seltene, vielleicht nicht wiederkehrende Gelegenheit gab,
viele der dort im Privatbesitz befindlichen Gemälde neben einander
zu sehen und zu vergleichen, reichte hin, sie zu zerstören. Es zeigte
sich neben jener Aehnlichkeit des Styls, welche dazu verleitet hatte,
sie einem einzigen Meister zuzuschreiben, eine Fülle veggghiedener
Eigenthünilichkeiten, welche nicht den Lebensstufen eines Einzelnen
entsprachen, sondern einer ganzen Gmeneration von Meistern dersel-
ben Schule und Richtung angehhßrrßqn, die nicht einmal alle in un-
mittelbarem Lchrzusammenhange gestanden zu haben scheinen. Von
unbedingtem Anschliessen an Eyck'sche Weise sind auch diese Meister
weit "eiitfäiitujinihr gemeinsamer Charakter entsteht durch eine Mi-
schung von Eigenschaften, welche sie aus der niederländischen Schule
(vielleicht nicht einmal an Ort und Stelle) empfangen hatten, mit den
TraditionenmderägälterenhKiilnerSchule und mit neuen Zügen, welche
aus den Schicksalen und derStimmung der deutschen Nation hervorgin-
gen. Der fiandrischen Schule entlehnen sie besonders Technisches, dann
aber auch die weitere Ausbildung des Landschaftlichen und diÄNeigung
zu naturalistischen Episoden oder zur Beifügvuhgherklärender Momente.
Dagegen iuiteiischeideii' "siemsich von ihr in Allem, was unmittelbar
mit dem religiiisen Gefühl zusammenhängt. Wenn die flandrische
Schule die heiligeniuGestalten aus denrlieben nimmt und in reiche
Landschaften oder in bequeme Häuslichkeitwersetzt, bleibt die Köl-
nische Frömmigkeit immer kirchlich und fordert daher ein Abschlies-
sen des Heiligen gegen die gewöhnliche Gegenwart, einen Schimmer
des Ueberirdischen. Die Religiosität verbindet sich dort mit dem
heitern Lebensgenuss, während sie hier einen strengeren, feierlichen
Charakter trägt. Auf Luftperspective und Himmelswäeilewiassen die
Kölnischen Meister sich daher nicht ein, sondern behalten den gol-
denen oderwdoch,Veinfarbigen Hintergrund; das kindliche oder my-
stische Wohlgefallen lanwsliiegelndem Wasser, oder gar an glänzendem
Hausgeräth kommt noch garwnicht oder nur in sehr untergeordneter
Weise vor, ihre Gestalten sind schlanker und idealer, die Modelli-
rung ist wljiclger und weniger körpei Glßfwandung feierlicher;
wenigerjlon Brüchen überladen, der Ausdruck, besonde?s"a1i'weiblichen
Gestalten, innigelrbnliebligchqjhzarter, die Züge endlich zeugen mehr von
ausgebildetem Schonheitssinnfals von porträtartigem Naturalismus.
Eine Folge vdiivuqzusammengehörenden, (lasiiliöbtjinb der Maria dar-