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deutschen Malerschulen des
Die
Jahrhunderts.
Ein anderer für die Verschiedenheit beider Schulen wichtiger Um-
stand lag in dem Verhältniss der Malerei zur Plastik. Im 14. Jahr-
hundert und im Anfange des 15. hatte "mztntnrwren Niederlanden wie
in Deutschland die Altarwerke auswSchnitzarbeit und Malereien zu-
sammengesetzt. Die Eycksche" Schule löste. aber diesetGemeinschaft
und alle Altäre ihrer namhaften Meister bestehen ausschliesslichgaus
Gemälden. Das geschah nicht etwa wegen eines Zurückbleibens der
bildnerischen Technik, die vielmehr neben der Malerei fortwährend
blühte, sondern ausschliesslich im Interesse der Malerei, weil man
fühlte, dass diese sich in Verbindungd mit "zieei-"Piäätii; nicht frei ent-
wickeln konnte. Zwar gingen die liandrischen Meister noch keines-
weges, _wie die spätere Malerei, bis an die äussersten Grenzen des
Malerischen; die Figuren der Eycksenen Schule haben noch festere
Umrisse, die Hintergründe noch kaum eine Andeutung der Luft-
päiänmive, der Vorwuffder Iilärte und Trockenheit, den man ihren
Bildern im vorigen Jahrhundert machte, ist darin begründet. Aber
die feine Harmonie der Farben, der Lufttoy, das Himmelblau, der
Wasserspiegel;selblsiTdievlAtmosphäre derwliinenräume, in weiche diese
Malervilirewßcenen verlegeiifsinvdy "doch mit den Gestalten schon zu
sehr zu einem Ganzen verschmolzen, als dass eine Zusammenstellung
derselben mit plastischen Figuren. günstig sein könnte. In Deutsch-
land (mit Ausnahme weniger Gegenden, die sich mehr der flandrischen
Schule anschlossen), behielt die Holzplastik nicht nur ihre Stelle, son-
dern sie wurde noch beliebter, noch bedeutsamer, noch reichlicher
angewendet als bisher. Hatte man sich früher. mitjiachenleliefs
begnügt, so füllte man jetzt den Altarschrein mit mehr als lebens-
grossen Statuen die Flügeqlwmit tiefen. iigurenreichen Reliefs,
so dass nur die Aussenseiten mit Gemälden geschmückt wurden.
Diese Zusammenstellung wäre verletzend gewesen, wenn beide Künste,
Plastik und Malerei, sich in ihrer vollen Verschiedenheit gezeigt hätten.
Dies geschah aber nicht; die Plastik wurdewüberyvi_ege_iid in einem
malerischen Sinne behandelt. Die Statuen nahmen nichtäir- die
volle leuchteifde"Faflfämsondern auch die weichen Formen und den
er-Gemälde an, und die Reliefs jwurdeiiinitqreiclier Grup-
pirung und oft mit landschaftlichem Grunde ausgeführt, wo" dann die
voidefäüiiigüiüäüiWsicliügaiiziäoderwfastdganzablösten und Berge und
Gebäude sich kaum über die Fläche hoben. Auch ünden wir in allen
Fällen, wo uns Nachrichten darüber vorliegen, dass die Bestellungen
nicht bei zwei selbstständigen Meistern, sondern immer nur bei Einem
gemacht wurden. An vielen Orten bildeten Maler
nur eine Zunft, so dass derselbe Mann beide Eigenschaften verband.