Schranken zwischen idealer und realistischer Tendenz.
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herausheben und dadurch, weil es ihnen an Mitteln der höhern Be-
seelung fehlt, unverständligh werden. Während
die iiandrischenxBilder leben in Folge jener Mässigung, die sie als
eure sittä" und schöne Form festhalten, bei llldniiainliinwjiesthulieidens
und der Marter kalt undgefühllos erscheinen, verfallen die Deutschen
eher in Uebeeygäjiiiä."iäesziaaers" aber tritt diese hervor, wo sie
Henker oder Uebelthäter zu schildern haben, denen sie durchgängig
derniiääeiigtäirnöenster Rohlieit_ undkGemeinheit bis zum Widerlichen
oder bis zu nicht beabsichtigter Komik geben. Dasselbe Schwanken
zwischen dem Idealen und dem Naturalistischen zeigt sich aber auch
in feineren Zügen, namentlich in der Linienführung und Gewand-
behandlung; neben den edel geschwungenenrLinien"desidealenv-Stylsu
ünden sich die gebrochenen Falten, welche in Deutschland mit dem
Beginn naturalistisclierwläestrebungen aufgekommen waren, in noch
stärkerer Uebertreibung, als bei einigen iiandrischen Meistern.
"Abeiräuchwabigesehen von dieser innern Verschiedenheit gingen
schon durch die grösseren Dimensionen der Gestalten manche Vor-
züge des tlandrischen Styls verloren. Indem man die einzelnen Mo-
mente nicht mehr wie zur Zeit des idealistischen Styls durch wenige
andeutende Figuren, sondern vollständiger und lebendiger darstellen
wolltewuiidvdbch die einzelnen Abtheilungen des Altarwerkes nicht
über ein gejvisseswhiaaßss ausdehnen durfte, war man genöthigt, ge-
drängte Gruppen zu bilden, hinter denen dann die zur Andeutung
der Localituartmiidthigen Berge und Gebäude hoch emporragten und
den Raum fast vollständigäfiillten. Die bedueme geräumige Stellung
der Figuren bei der Haupthandlung, die anschauliche Sonderung der
einzelnen Momente bei epischer Folge, die weiten reizenden Fewrng
sichten des Hintergrundes, Vorzüge der iian-
drischenBiltier verschwanden dadurch mehr oder weniger. Auch für
die Harmqniäelüdheßrbplffarbe traten ganz andere Bedingungen ein; denn
statt der jielgi, immer in kleinem Umfange angewendeten Farben-
töne der iiandrischen Compositionen, welche sich leicht stimmen
liessen, machten sich die Localtöne der Gewänder oder deswland-
schaftlichen Grundes in grössereii, "schwerer auszugleichendenhlvlasseii"
geltend. Dies war ohne Zweifel einer der Gründe, welche die deut-
sehen Maler bestimmten, statt des blaudenrligiiminelgs_udeln Goldgrund
anzuwenden, mit dem die bisherigtfldunstübung vertraut war. Frei-r
lieh aber war dies heroische Mittel ein bedenkliches, indem es den
Künstlern die Neigung und Nöthigung zu ieinererAusbildung des
Farbensinnes entzog und das Auge gewohnte, sehr harte und grelle
Uebergänge und Zusammenstellungen zu ertragen.