Verhältniss zu äen Niederländern.
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war zwar ein Eigenthum des germanischen Stammes, aber dies Ge-
fühl, das, wo es sich selbst überlassen ist, sich leicht in träumendes
Sinnen oder inumentschlossenes Grübeln verliert, war hier vermöge
jener mehr französischen Lebensauffassung mit Gaben verbunden,
Welche ihm erleichterten, die künstlerische Form zu finden und sich
in den Grenzen klarer, maassvoller, Schönheit zu halten. Das Leben
war an sich schoirheiter und fliessend und durch die Eleganz der
Sitte ü; gewissem Grade künstlerisch gestaltet, die gefügige Welt-
klugheit wusste die Widersprüche zu verdecken und auszugleichen
und kirchliche Frömmigkeit mit dem vollsten Lebensgenusse zu ver-
einigen; die Gewohnheit rüstiger, muthiger That auf dem festen
Boden geordneter Verhältnisse kam auchdeiidZünstlern zu Statten.
Die Natur erschien ihnen auf diesem Standpunkte in ihrer Allge-
meinhefi und Heiterkeit, wie in derMorgenfrische der Schöpfung,
und dochuwiedeifiifgdei" gewohnten Erscheinung der gegenwärtigen
Zustände, mit allem Schmuck "und allen Bequemlichkeiteii" des Luxus,
Himmlisches und Irdisches mischten sich vor ihrem Auge und" sie be-
gnügten sich "aiichvfüi" die heiligen Gestalten und Hergänge mit den
Zügen, die sie im Leben wahrnahmen und mit der anständigen Ruhe,
welche der vornehmen Sitte oder dem festtäglichen Leben ehrbarer
Bürgerlichkeit entsprach. Höhere ldealität, tiefe moralische Charak-
Pathos forderten sie nicht; es kam ihnen vor-
zugsweise auf die Harinönje desmgianzen an, welche sie durch die
Unterordnung des Einzelnen um so sicherer erreichten.
l-ziranessfäßä? konnten sich die Deutschen nicht entschliessen.
Es war ihnen wohl gegeben, die Schönheit, solcher harmonischen
Aeusserung zu empfinden, aber nicht sich selbst inden dazuwiiöthi-
gen Grenzen zu halten. Der Sinn für Harmonie war in ihnen durch
die Verhältnisse ihr Auge vorzugs-
weise auf das gerich-
tet. Ihre Gegenwart bot ihnen viel häufiger unerfreuliche und rohe
oder trübe, als heitere und gleichmässige Erscheinungen undf sie
waren gewöhnt, denlrost in idealen Vorstellungen zu suchen. Auch
ihre künstlerischä Tradifföiämästatteten ihnen nicht, sich der
Eycldschen Schule unbedingt anzuschliessen. Diese hatte in ihrem
Heimathlande keine bedeutenden Leistungen höhT-zrer Kunst vorge-
funden; am meisten ausgebildet war die leichte, mehr dem hinzu:
als der A lienende Kunst der MEXHEhVELHuälÄ-luyei; an diese
schlossen sie sich an, gaben ihren Altarbildern kleinere Dimensionen,
welche die Durchführung jener Harmonie sehr erleichterten, bei
denen aber die menschliche Gestalt in ihrer tieferen sittlichen Be-