342
des
Französische Malerei
Jahrhunderts.
in das 16. Jahrhundert gerathen, dürfen aber nun anhalten. Franeois
Clouet war der Letzte, der diesen Geschmack vertrat. Seine ihn
überlebenden Zeitgenossen waren schon folgsame Schüler der Italiener.
Es bleibt unsjetzt noch übrig, die ermittelten Thatsachen zu
überblicken, um uns daraus ein Urtheil über die Bedeutung dieser
französischen Schule zu bilden. Wir sprachen schon oben von dem
auffallenden Mangel an grösseren Gemälden dieser Schule. Man hat
angenommen, dass er durch die Kriege, namentlich durch die Reli-
gionskriege, und endlich durch die Zerstörungslust der Revolution
verschuldet sei, und demnächst aus den wenigen nachweisbaren Ueber-
resten, etwa aus dem Bilde von Villeneuve-les-Avignon und aus den
Miniaturen den Schluss gezogen, dass jene unserer Kenntniss ent-
zogene Schule einen selbstständigen und bedeutenden Werth gehabt
habel). Allein diese Annahme ist keinesweges begründet. Eine wirk-
lich lebendige, fruchtbare Schule würde nicht so spurlos verschwun-
den sein. Wenn eine Nation ganz von einem bilderfeindlichen Fana-
tismus ergriffen ist, wie es in England und Holland der Fall war,
wenn also der stille Krieg gegen die Bilder jahrhundertelang fort-
gesetzt wird, ist eine so gründliche Vertilgting begreiflich. Vorüber-
gehende Ereignisse aber, einzelne Zerstörungen durch den Krieg oder
durch bilderstürmende Hugenotten, konnten eine so durchgreifende
Wirkung nicht ausüben. Bei solchen Stürmen giebt es immer Ein-
zelne, welche sich aus religösem, oder künstlerischem Interesse, oder
selbst aus Gewinnsucht der gefährdeten Kunstwerke annehmen und
sie verbergen oder schützen. Wie viel ist nicht in Belgien trotz
der gewaltsamen Verwüstung mancher Städte durch die religiösen
Neuerer erhalten! Jedenfalls aber berührten die Religionskriege in
Frankreich keinesweges das ganze Land, gar viele Gegenden und
Ortschaften blieben von ihnen verschont. Noch weniger aber darf
man der Revolution diese Schuld beirnessen; nur die Kirchengerathe
von edeln Metallen unterlagen systematischer Einschmelzung, aber
die Bilder zu zerstören, hatte sie kein Interesse. Allerdings mögen
auch von diesen manche in der Verwirrung der Revolution und wäh-
rend der Hemmung des Cultus aus den Kirchen oder ihrem son-
stigen Bewahrungsorte verschwunden sein, aber Vernichtung durch
Rohheit oder Uebermuth gehörte doch zu den Ausnahmen und der
Diebstahl hatte eher das Interesse der Erhaltung. Die entwendeten
Kunstwerke würden im Privatbesitze des Aus- oder Inlandes wieder
fi; Sulpiz
und Brief-
1) So v. Quandt, Reise im mittäglichen Frankreich, 1345, S- 149
Boisseräe (imBulletin du comitä historique, Bd. L, Abth- 2, S- 105,
Wechsel); Waagen, K. WV. u. K. III., 369.