Jean Perräal, genannt Jehan de Paris.
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und namentlich 206 grosse Wappenschilder. Aus alle diesem erfahren
wir nun freilich sehr wenig oder nichts über seine künstlerische Rich-
tung, über die uns dann aber Wiederum eine Aeusserung des oben-
genannten Jean Lemaire eine Andeutung giebt. Dieser verfasste
nämlich, ohne Zweifel auf Bestellung und gegen Bezahlung Ludwigs XII.
halb in Prosa halb in Versen eine Rechtfertigung jenes Kriegszuges
gegen die Venetianer, bei welchem Jean Perreal die Armee begleitet
hatte. Dieser schon im Jahre 1509 gedruckten Schrift ist dann ein
an einen Freund des Malers gerichteter Brief von Lemaire angefügt,
in welchem er sich in etwas überschwänglichen Worten über das „nie
zu erschöpfende" Lob seines besonderen Gönners und Wohlthäters
(mon singulier patron et bienfaicteur) Jean Perreal ergehtl), der ein
zweiter Zeuxis oder Apelles sei. Er rühmt dabei, dass derselbe die
Augen der allerchristlichsten Majestät erfreut, indem er die Städte,
Flecken, Schlösser der Eroberung, die Umgebungen, die Flüsse, Berge
und Ebenen, die Ordnung und Verwirrung der Schlachten mit dem
Elend der Sterbenden und Verwundeten, dem Schrecken der Fliehen-
den, dem Ungestüm der Sieger und der Freude der Triumphirenden,
malerisch und höchst lebensvoll dargestellt habe, worin er von Keinem
diesseits der Alpen übertroffen werde. Er erwähnt dabei eines Arztes,
der den Maler, welcher in Folge zu grosser Arbeit und Anstrengung
dem Tode nahe gewesen, aus den Klauen desselben gerissen habe
und freut sich, beide bei ihrer Rückkehr in Lyon, von wo Lemaire's
Brief datirt ist, wiederzusehen 2). Ueber die Art jener Darstellungen
enthält der Brief keine bestimmte Angabe; der Schreiber hatte sie
noch nicht gesehen, er spricht die Hoffnung aus, dass er sie bei der
bevorstehenden Rückkehr des Malers zu Gesicht bekommen werde.
Die Schilderung beruht daher nur auf seiner Phantasie. Da der
Brief schon am 12. August des Kriegsjahres geschrieben ist und über-
dies der Maler eine gefährliche Krankheit durchgemacht hatte, konnten
nur Skizzen existiren; ja vielleicht und sogar wahrscheinlich waren
überhaupt, der bisherigen Sitte gemäss, nur Miniaturen beabsichtigt,
1) Worin die Wohlthaten bestanden hatten, welche die Dankbarkeit Lemaire's
erregten, geht nicht aus dem Briefe hervor, Vielleicht war er der Vermittler bei
Ludwig XII. gewesen, welcher dem bedürftigen Poeten die lucrative Bestellung
dieser Schrift verschafft hatte. Im Jahre 1511 trat Lemaire, wahrscheinlich
wiederum durch Vermittelung von J ean Perreal in den Dienst der Königin Anna,
von Bretagne. Der Brief ist aber schon vom August 1509.
E) Die seltene Druckschrift von 1509 habe ich nicht gesehen und kenne nur
den Abdruck des Briefes bei de Laborde a. a. O. p. 185. Du Sommerard (PArt au
moyen age 1_ p_ 347) hatte nur eine Stelle aus demselben gegeben, u d die Be-
schreibung des Poeten für einen Auftrag des Königs gehalten.