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15. Jahrhunderts.
Französische Malerei des
der iiandrischen mehr zu der italienischen Kunst hinwende. Wich-
tiger sind uns dann aber die beiden französichen Namen, die er nennt
und mit denen wir uns naher bekannt machen müssen, die Namen:
Jehan Hay und Jehan de Paris.
Sprechen wir zuerst von dem letzten, über den ziemlich zahl-
reiche Nachrichten vorhanden sind 1). Er hiess Jean Perreal und
war im Jahre 1496 bereits ein älterer oder doch sehr angesehener
Meister in Lyon; denn sein Name, Jehan de Paris, steht unter den
dem damals anwesenden Könige Karl VIII. zur Bestätigung über-
reichten Statuten der dortigen Malergilde an der Spitze der Unter-
schriften. Vielleicht trat er schon da in den speciellen Dienst dieses
Königs, wenigstens finden wir ihn sogleich nach dem Tode desselben
im Dienste Ludwigs XII. als Varlet de chambre et peintre ordinaire
du roi, in welchem Verhältnisse er dann auch unter Franz I. und
bis zu seinem Tode, der erst nach 1527 erfolgte, verblieb. Er war
bei Hofe sehr beliebt und wurde zu den verschiedenartigsten Diensten
benutzt. Im Jahre 1505 übertrug ihm die Königin Anna von Bre-
tagne die Bewahrung ihres goldenen Tafelgeschirrsf). Im Jahre 1509
begleitete er die Armee auf dem Kriegszuge gegen die Venetianer, um die
Localitäten und Ereignisse aufzunehmen. Im Jahre 1511, als die Erz-
herzogin Margarethe, Tochter Maximilians, ihrem verstorbenen Gemahl,
Philibert von Savoyen, ein kostbares Denkmal in der zu diesem Zwecke
gestifteten Kirche zu Brou bei Bourg en Bresse gründen wollte, war es
unser Maler, der dazu nicht bloss Porträts, sondern, wie es scheint, auch
architektonische Entwürfe anfertigte. Der berühmte Bildhauer Michel
Colombe bekennt in seiner Quittung ausdrücklich, dass er das Grab-
mal „nach der Zeichnung und der sehr schönen Anordnung" unseres
Meisters gemacht habe (selon le pourtraict et tres belle ordonnance
faicte de la main de maistre Jehan Perreal de Paris). Im Jahr 1514,
als der alte König nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Anna
von Bretagne, mit der jungen Schwester des Königs von England
sich vermahlen wollte und es darauf ankam, ihre Ausstattung der
französischen Mode entsprechend einzurichten, war es wiederJean
Perreal, der gemeinschaftlich mit einem französischen Oavalier nach
London gesendet wurde. Bei dem bald darauf (1515) erfolgten Tode
Ludwigs lieferte er die zur Bestattung nöthigen künstlerischen Arbeiten
1) Vgl. de Laborde, Renaissance, p. 182-191, und Renouvier, Jehßn de Paris,
Varlet de chambre et peintre ordinaire des rois Charles VII_I et Louis XII, Paris
1801. Ein Auszug daraus in der Gazette des beaux arts, V01. XI, p. 380 ff_
2) De Laborde a. a. O. Additions p. 748. [VgL J. Renouvier, Jehan de Paris,
Paris 1861, der Ausführlicheres über diesen Maler mittheiln]