Schriftstellerische Zeugnisse über Maler und Malerei.
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rungen. Die früheste derselben ist die schon erwähnte des Italieners
Florio um 1477, welche das Lob Foucquetfs in den stärksten Worten
ausspricht, aber leider sich nicht weiter über andere Künstler und
über die Leistungen der französischen Schule im Ganzen auslässt.
Neben ihr ist dann sogleich eine andere, allerdings sehr viel spätere
Aeusserung zu nennen, weil sie sich zwar nicht auf Foucquet allein,
wohl aber ausschliesslich auf seine Vaterstadt Tours bezieht. Ein
Landsmann von ihm, der ebenfalls aus Tours gebürtige Joannes
Brechaeus, ein gelehrter Jurist, benutzte nämlich ein juristisches
Werk, das er im Jahre 1556 in Lyon drucken liess, um gelegentlich
seine Vaterstadt als einen berühmten Sitz der Kunst zu preisenl).
Er knüpft dabei an die Erwähnung von Grabmonumenten und er-
wähnt deshalb zuerst die Bildhauer, Joannes Justus, über dessen Ur-
sprung er sich nicht auslässt, sondern nur erzählt, dass derselbe das
schöne, in St. Denis bei Paris aufgestellte Denkmal Ludwigs XII. in
Tours gearbeitet habe, und dann auf Michel Colombe, den von Tours
gebürtigen vorzüglichen Bildhauer übergeht. Unter den Malern
nennt er zuerst Foucquet und seine beiden Söhne, ohne weitere cha-
rakteristische Bemerkung, dann aber, als einen Zeitgenossen derselben,
den Joannes Poyet, mit dem bemerkenswerthen Zusatze, dass er in
der Wissenschaft der Optik und der Malerei die Foucquets weit über-
troffen habe 2). Was der Verfasser unter der „Wissenschaft der Optik
und Malerei" versteht, ist nicht klar; vielleicht meint er damit Linien-
und Luftperspective. Jedenfalls aber wird man daraus schliessen
können, dass Poyet, den wir bisher nur als Miniaturmaler eines im
Jahre 1497 für Anna von Bretagne ausgeführten Gebetbuches kennen
gelernt hatten, sich später auch in grösseren Malereien hervorgethan
haben muss 3). Als Nachfolger dieser älteren Meister nennt Brechaeus
1) Joannis Brechaei Turoni jureconsulti ad titulum pandectarum de verborum
et rerum significatione commentarii, Lugduni 1556. Abdruck der hierher gehörigen
Stelle durch Ferdinand de Guilhermy in den Annales archeologiques, Bd. XIL, p. 239.
ß) Inter pictores Joannes Foucquettus atque ejusdem filii Ludovicus et Fran-
eiscus. Quorum temporibus fuit et Joannes Poyettus Foucquettis ipsis longe
sublimior optices et picturae scientia.
ß) In dem Rechnungsauszuge von 1497 bei de Laborde, Renaissance, p. 273,
wird er als "enlumineur et historieur" bezeichnet. Waagen im D. K.-Bl. 1851,
S. 93, hält das letzte beider Worte für gleichbedeutend mit peintre und schliesst
daraus, dass Poyet schon damals wirklicher Maler gewesen. Aber das Wert
histoires bedeutet vorzugsweise Miniaturbilder und der historieur bildet nur in so
fern einen Gegensatz gegen enlumineur, als dies letzte Wort zunächst auf die
fabrikmässig gefertigte Ornamentik der Manuscripte bezogen wird. Man darf da-
bei nicht an unsern heutigen Ausdruck: Historienmaler denken, der erst mit dem
Gegensatze gegen Genrebilder aufkam und wird wohlthun, sich die vielen hand-