Andere Tafelgemälde.
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Wesentlichen also dieselbe Abweichung von dem fiandrischen Style,
welche wir schon an den Miniaturen wahrnehmen 1). Indessen ist diese
Eigenthümlichkeit hier nicht so stetig wiederkehrend, wie bei den
Miniaturen und jedenfalls die Seltenheit sowohl von Wand- als von
Tafelgemälden e) ein auffallender Umstand, auf den wir weiter unten
1) So namentlich einige Gemälde, anscheinend von 1460-1470, aus der Lebens-
geschichte Christi im Museum zu Lyon. Waagen im D. K.-Bl. 1856 S. 377
v. Quandt, Reise in das mittägige Frankreich, S. 98. S0 ferner einige Bilder iii
St. Etienne zu Beauvais, welche aber schon dem Anfange des 16. Jahrhunderts
angehören.
2) Tafelgemälde sind von der höchsten Seltenheit. Im Museum des Hotels
Cluny zu Paris ist ein Flügelbild, die Krönung Ludwig's XII. im Dome zu Rheims
(1498) darstellend; es ist kräftiger in der Farbe, aber steif und mangelhaft in der
Zeichnung. In der Kapelle des Schlosses Pagny (Cöte d'or) befindet sich ein Altar,
welcher die Hauptmomente aus dem Leben der Jungfrau und Christi theils in Ma-
lerei theils in Schnitzwerk, anscheinend vom Ende des 15. oder Anfange des
1G. Jahrhunderts enthält (Bulletin du comite historique Vol. HI. p. 233). In der
Kirche S. Maximin (Var) ist ein grosses Altarwerk in Holz erhalten, das nach der
darauf befindlichen Inschrift im Jahre 1520 gestiftet wurde. Die Gemälde, in der
Mitte die Kreuzigung, ringsumher in 16 llfedaillons die Passionsgeschichte, in der
Predella die Grablegung, werden als mangelhafter Zeichnung, aber glänzenden
Colorits geschildert. Die Hintergründe der Scenen aus der Passion geben oft ita-
lienische Localitäten, venetianische Strassen, mehrere Male das Colosseum (Bulletin
IV. p, 431-442). Häufiger sind Wandgemälde. So in der Krypta der Kathedrale
von Verdun eine ganze Reihenfolge, wie man vermuthet schon der ersten Hälfte
des '15. Jahrhunderts angehörig (daselbst IV. 512). In der Kapelle zu Selles-Saint-
Denis (Dep. Loir et Cher) 34 Gemälde, anscheinend aus der Legende des heiligen
Nicolaus (daselbst II. 68). In der Kirche zu Aubasine (Correze) ein Votivbild, die
Jungfrau mit der Leiche Christi und vor ihr ein Anbetender, der Inschrift zufolge
vom Jahre 1466 (daselbst III. 344). Nach dem Bericht eines Ungenannten im Organ
für christliche Kunst, Band XII. (1862), p. 17, sind in der Kirche St. Etienne du
Mont zu Paris zwölf Wandgemälde, Scenen aus der Legende der zehntausend Kreuz-
fahrer am Berge Ararat darstellend, entdeckt, welche dem iiandrischen Style aus
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entsprechen. Einer der bedeutendsten
Ueberreste altfranzösischer Malerei scheint das Wandgemälde eines an die Kathe-
drale von Puy anstossenden, jetzt als Sakristei benutzten Saales, welches im J. 1850
von der Tünche befreit und in den Annales archeol. V01. X. p. 287, von Merimee
ausführlich beschrieben ist. Es enthält vier der sieben freien Künste, die Gram-
matik, Logik, Rhetorik mund Musik, alle als weibliche, reichgekleidete Gestalten,
auf Sesseln thronend, eien Formen theils der spätesten Gothik, theils schon der
Renaissance angehören, Jede begleitet von einem Manne, der sich in ihrem Dienste
ausgezeichnet, die (ilrammatik von Briscian, die Logik von Aristoteles, die Rhetorik
YiILCICEÄO, die Mlusiik von ffubalkzgini. AÄich die äucläsäsagää iiller älarauf befindlichen
a einisc en Insc ri ten weisen au en n ang es . r un erts hin. Die G
stalten zeigen keinen italienischen Einfluss, sondern das französische Bestrebqfn
nach einer schon etwas manierirten Grazie.