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des
Französische Malerei
Jahrhunderts.
dass Cäsar und Franz I. einander auf der Jagd begegnen und in ein
Gespräch gerathen, in welchem jener seine Thaten mit geographischen
und antiquarischen Erläuterungen erzählt und sich namentlich auf
die Beschreibung von Kriegsrnaschinen ausführlich einlässt. Diese
sind denn auch oft der Gegenstand der Miniaturen, welche ausserdein
Jagdscenen, bei denen auch Diana erscheint, dann kriegerische Her-
gänge und Nachahmungen römischer Medaillen und endlich Porträts
von Zeitgenossen und Hofleuten des Königs enthalten, welche zwar
von der Hand des Schreibers die Unterschrift römischer Namen, da-
neben aber von anderer Hand ihre Erklärung, durch Angabe des
wirklichen Namens und der Schicksale der dargestellten Person er-
halten. Auf den historischen Compositionen ündet sich wiederholt
neben der Jahreszahl 1519 der Anfangsbuchstabe G. und einige Male
auch der ganz ausgeschriebene Name des Malers: Godefroy. Diese
Compositionen sind grau in grau, oder doch nur mit geringer Far-
bung ausgeführt und zeigen in der Zeichnung und Bewegung der
Figuren den Einfluss italienischer Vorbilder auf einen einheimischen
Künstler. Die Porträts dagegen sind reizende Miniaturen, von grosser
Individualität und im Wesentlichen noch in der Weise der älteren
französischen Schule 1). Der Codex zeigt also gleichsam einen Waffen-
stillstand zwischen der einheimischen Kunst und der herandräingenden
Renaissance. Jede behauptet sich auf dem ihr günstigen Terrain.
Im Bildnisse konnte man sich von der hergebrachten, mit dem natio-
1) Vgl. die ausführliche Beschreibung aller drei Bande bei de Laborde a. a. 0.
p. S91, die des im britischenvMuseum befindlichen bei Waagen, u. K. I.
148, die des Pariser Bandes bei Labarte a. a. O. p. 315 ii. Demselben Maler ge-
hören auch, wie nicht nur die Aehnlichkeit der Behandlung und des Styls, sondern
auch die Beischrift theils des Buchstabens G., theils des ganzen Namens beweisen,
die Miniaturen zu den Triumphen des Petrarca in der Bibliothek des Arsenals zu
Paris, was zuerst von Waagen a. a. 0. III. p. 395 bemerkt, von den beiden andern
genannten Schriftstellern bestätigt ist. Waagen (D. Kunstbl. 1851. S. 93) ver-
muthet nach einer von de Laborde a. a. O. S. 241 angeführten älteren Notiz, dass
dieser Godefroy das Mitglied einer Künstlerfamilie Dumoustier gewesen, der später
(1543 bis 1547) als Gehülfe des Italieners Rosso gearbeitet und sich dessen Manier
angeeignet habe. Labarte a. a. 0. S. 315 hält dagegen den Godefroy unserer
Miniaturen für identisch mit dem gelehrten Buchhändler und Kupferstecher Gode-
froy Tory aus Bourges (vgl. Passavant a. a. O. p. 164). Waagen und de Laborde
nehmen keinen Anstand, die Porträts trotz der stylistischen Verschiedenheit dem-
selben Meister zuzuschreiben, der die Historien malte. Labarte bezweifelt dies,
halt nur die letzten für das Werk des Godefroy Tory und möchte die Bildnisse
dem Jean Clouet, oder einem seiner besseren Schüler zuschreiben. Da ich das
Manuscript nicht selbst gesehen habe, muss ich mich eigenen Urtheils über diese
ohnehin nicht sehr wichtigen Fragen enthalten.