Schnaasefs Biographie.
Carl
XXXV
Romantiker erschlossen auf literarischem und künstlerischem Gebiet
die früher verkannte und verachtete Kunst des Mittelalters der christ-
lichen Zeit. Es war damals, wo in Deutschland die Gemäldesammlung
der Boissereds, welche Schnaase noch als Student in Heidelberg
kennen gelernt hatte, den Blick für die Schöpfungen des Mittelalters
öffnete, wo das Werk über den Kölner Dom den Sinn für die gross-
artigen Baudenkmale jener Zeit weckte. Von dieser Strömung ge-
tragen durchwanderte Schnaase Italien, das der Kunstfreund nun nicht
mehr mit den Augen der Goethdschen Zeit, sondern mit dem leb-
haften Interesse auch für die Schöpfungen eines Cimabue und Giotto
betrat.
Schnaase verliess im September Königsberg mit fr011em und
heiterem Herzen, hatte zuerst Geschäfte in Danzig abzumachen, ging
dann nach Berlin und von dort über Triest nach Italien. Roestell
hatte sich nicht so schnell frei machen können und erst im Januar
trafen die Freunde in Rom zusammen.
„Es war," schreibt Roestell, „eine schöne Zeit, die wir dort im
Palazzo Astalli bei der alten Gräfin mit einander zubrachten. Die
Liebe zur Kunstgeschichte war hier mit Macht bei Schnaase erwacht,
er hatte damit eine weitere Aufgabe neben seinem juristischen Be-
ruf ergriffen, wenn ihm auch noch nicht zum klaren Bewusstsein
gekommen war, wie dieselbe sich mit diesem vereinigen würde. Wie
er Alles, was er trieb, mit Ernst und Gründlichkeit ergriff, so begnügte
er sich nicht damit, Galerien, Museen u. s. w. wie die meisten Reisen-
den zu besehen, er verband damit zugleich gründliche Studien, besuchte
iieissig die Bibliotheken, verband den Genuss mit der geistigen Ver-
ilrbeitung des Gesehenen und legte dadurch den Grund zu Vielem,
WilS 61' uns. später als gereifte Frucht dargeboten. Wir machten
unsere Excursionen gemeinsam, assen dann am Abend gemeinsam
unser Mittagsmahl, und wenn wir den Tag nicht in Gesellschaft be-
schlossen, wurde besprochen was wir Neues gesehen, weitere Pläne
für den folgenden Tag verabredet oder gearbeitet, indem Schnaase
seine Notizen über das, was er gesehen, niederschrieb. Vor Allem
zog ihn die Architektur an: das Buch von Milizia, aus dem er sich
Auszüge machte, war stets in seinen Händen.