312
Französische Malerei des
Jahrhunderts.
firniss ausgeführt istl). Jedenfalls reichen alle diese vermeintlichen
Bilder nicht aus, um uns über die Vorzüge seiner grösseren Ge-
mälde und darüber zu belehren, ob sein Ruhm vorzugsweise auf
diesen (wie man nach den Aeusserungen des Florio annehmen könnte)
oder mehr auf der Miniaturmalerei beruhte, welche noch immer in
Frankreich überaus beliebt und gesucht war.
Nur in dieser Gattung können wir einen nachhaltigen Einfluss
seiner Wirksamkeit nachweisen 2). Er hinterliess, wie wir wissen, zwei
Söhne, welche zu seiner Kunst erzogen warenß), und hatte überdies
ohne Zweifel, wie dies bei dem gewerblichen Betriebe der Miniatur-
malerei unerlässlich war, zahlreiche Schüler und Gehülfen, welche
dann nach seinem Tode in seiner Weise weiter arbeiteten. Auch
besitzen wir noch eine grosse Zahl von Miniaturwerken, in denen wir
seine Schule, namentlich seine Neigung für italienische Formen wieder-
erkennen. Dahin gehören zunächst in der grossen Bibliothek zu
Paris4) zwei Manuscripte mit der französischen Uebersetzung der
ersten Decaden des Livius (Nr. 297 fonds Sorbonne und Nr. 273
in denen sich einzelne Miniaturen finden, welche des Meisters würdig
wären, ein Gebetbuch, das im Jahre 1475 für einen darin genannten
1) Wie dies Passavant a. a. O. S. 173 versichert.
2) Waagen, Ueber in Spanien vorhandene Gemälde in von Zahn's Jahr-
büchern der Kunstwissenschaft Bd. I. S. 322, glaubt in Spanien einen bedeutenden
französischen Maler aus Foucquefs Schule entdeckt zu haben. Sein Name: Juan
de Borgoüa lasst vermuthen, dass er (oder doch sein Vater, dessen Beiname auf
ihn übergegangen sein könnte), aus Burgund stammte; eine bestimmte Nachricht
darüber fehlt. Seine Gemälde schienen Passavant (die christliche Kunst in Spanien
S. 88) „weit italienischer", als die anderer gleichzeitiger spanischer Meister. Sein
bedeutendstes Werk, die Wandmalerei in dem für den Winter bestimmten Kapitel-
saal der Kathedrale zu Toledo, Scenen aus dem Leben der Maria, aus der Passion
und endlich eine grosse Darstellung des jüngsten Gerichtes enthaltend, alles im
Auftrage des Kardinals Ximenez von 1508 an gemalt, erinnerten den genannten For-
scher an die Werke des Domenico Ghirlandajo. Waagen dagegen fand darin grosse
Verwandtschaft mit den Miniaturen Foucquefs, dasselbe Verhaltniss zur italieni-
schen und zur van Eycldschen Schule, denselben warmbraunlichen Fleischton und
dieselbe Zusammenstellung der Farben in den Gewändern u. s. f., jedoch so, dass
Juan de Borgoüa in der Modellirung, im Schönheitssinn und in der völligen Aus-
bildung der Luft- und Linienperspective den Meister übertreffe. Die Möglichkeit
des Zusammenhangs ist zuzugeben; da Foucquet 1481 starb, so kann Juan de
Borgoüa, obgleich er 1508 malte, noch sein Schüler gewesen sein. Den Beweis
dafür aber wird man bei der Differenz der Ansichten beider Forscher erst von
künftiger Untersuchung erwarten dürfen.
3) Brechaeus in der oben erwähnten Stelle giebt die Namen dieser beiden
Söhne: Lodovicus und Franciscus.
4) Laborde p. 167, Labarte p. 287 und 29a e. Waagen, u. K. III, p. 374.