XXXIV
Biographie.
Carl Schnaaszäs
es waren jedoch nur die Fesseln der Schule, die sein nach Freiheit
strebender Geist von sich abgeschüttelt; die höhere Weihe hatte er
von ihr empfangen, so wie er auch durch die Beschäftigung mit ihr
die dialektische Gewandtheit gewonnen hat, welche seine Arbeiten,
besonders die Einleitung seiner Kunstgeschichte, bekunden."
Um die Mitte des Sommers 1826 überraschte Schnaase den
Freund durch die unerwartete Mittheilung, er sei um Urlaub einge-
kommen und wolle auf ein Jahr nach Italien gehen. Er forderte
Roestell (lringend auf, ihn zu begleiten und dieser liess sich nach
kurzer Ueberlegung dazu bestimmen.
Wir wissen dass ein Aufenthalt in Dresden Schnaase schon früher
nachhaltige Kunsteindrücke gegeben; dass es aber zuvörderst die
Liebe zur Kunst gewesen, die ihn zu dieser Reise nach Italien ge-
führt, bezweifelt der Freund. Er sagt darüber: „Eine solche hatte
sich weder in seinen Studien vorzugsweise gezeigt, noch war sie im
persönlichen Verkehr hervorgetreten. Es war mehr ein bestimmtes
Bedürfniss nach einem Gegenstand geistiger Anregung, was ihn nach
Italien führte, da er in seiner praktischen Thatigkeit, so ernst und
gründlich er sie nahm, keine Befriedigung finden konnte." Aber frei-
lich schon die Vorbereitungen zu einer italienischen Reise, wenn
anders eine solche mit Nutzen verbunden sein sollte, führten zur Be-
schäftigung mit der Kunst. Erinnern wir uns daran, in welche Epoche
diese erste italienische Reise fiel. Es war dieselbe Zeit, in welcher
Rumohr den Stoff zu seinen "Italienischen Forschungen" sammelte,
deren erster Band zwei Jahre später herauskam. Wenige Jahre früher
(1822) war Waagen mit seiner Schrift über Hubert und Johann van
Eyck hervorgetreten; Kugler aber schickte sich kurze Zeit darauf
durch das Studium der Bilderhandschriften des Mittelalters an, in
ähnliche Gebiete der Forschung einzudringen, wovon er 1831 in seiner
Dissertation über Wernher von Tegernsee das erste Zeugniss ablegte.
So sehen wir der Reihe nach die Männer, durch deren Wirken die
Wissenschaft der neueren Kunstgeschichte begründet worden ist, auf-
treten und jeden in seiner Weise zu dem Gebäude beitragen. Die
Zeiten waren vorbei, wo man ausschliesslich die Antike zum Gegen-
stande der Schätzung und der Untersuchung gemacht hatte. Die