Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Miniaturen. 
Foucqueüs 
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Wappenhalter oder als architektonische Zierde angebracht sind, ver- 
rathen italienischen Einfluss. Dieser ist aber keineswegs so stark, 
dass er das Gefühl für die Schönheit der Gothik ausschlösse. Unser 
französischer Meister geht hier seinen eigenen Weg. Die Italiener 
geben nur Renaissance; die Eyclische Schule zog den romanischen 
Styl vor. Foucquet hat für diese einfache Form keinen Sinn, dagegen 
liebt er den Reichthum des entwickelten gothischen Styls ebenso sehr, 
wie den der Renaissance und nimmt gelegentlich keinen Anstand, 
beide in unmittelbare Verbindung zu bringen. Jenes Titelblatt, die 
Verehrung der Jungfrau durch den Besteller des Buches, verlegt diese 
Scene in einen von Prachtmauern italienischen Styls umschlossenen, 
unbedeckten Raum. Die Halle aber, welche sich an diese Mauern 
anschliesst und vor welcher die Jungfrau thront, ist wie ein grosses 
gothisches Portal gestaltet, mit Statuen auf den Seitenwänden und 
mit Statuetten unter Baldachinen, nur dass an die Stelle der Thür- 
Öffnung eine Marmornische getreten ist, die von korinthischen Säulen 
flankirt und mit einer als Muschel gestalteten Wölbung schliesst. S0 
unbefangen sind hier die beiden einander widerstrebenden Style ver- 
schmolzen 1). 
Ein drittes Miniaturenwerk, in welchem wir Foucquefs Hand 
erkennen, ündet sich in der Hofbibliothek zu München 2). Es enthält 
die französische Uebersetzung des lateinischen Werkes von Boccaz: 
de casibus virorum et foeminarum illustrium, von den Schicksalen 
berühmter Männer und Frauen. Das Manuscript war, wie wir durch 
die ausführliche Notiz des Schreibers erfahren, am 24. Nov. 1458 
beendet, so dass erst nach dieser Zeit die Arbeit des Malers be- 
gonnen sein kannß). Die Zahl der Miniaturen ist sehr gross; sie 
1) Es ist auffallend, dass sowohl hier (bei der Vermählung Maria), als im 
Josephus (bei der Plünderung des Tempels) grosse gewundene Säulen vorkommen, 
die in der damaligen italienischen Renaissance kaum nachzuweisen sein möchten. 
2) Auch hier war Waagen der erste, welcher auf das Manuscript aufmerksam 
gemacht und Foucquefs Hand darin erkannt hat. D. Kunstbl. 1851. S. 93. 
3) Der Schreiber, Pierre Faure, Pfarrer zu Hauberville bei Saint Denis, hatte 
in dieser Inschrift auch den Namen des Bestellers angegeben, derselbe ist aber 
ausradirt, so dass sie mit den Worten abbricht, dass er die Abschrift gefertigt 
habe: pour et au proüt de honourable homme et saige maistre       Es ist 
möglich, dass darauf der Name des Estienne Chevalier, vielleicht mit weiteren 
Ehrentiteln gefolgt ist, so dass wir diesen daher auch hier als den Gönner 
Foucqueüs wiederfanden, und de Laborde (Renaissance, V01. II, p. 724) glaubt dies 
beweisen zu können, In den Randverzierungen des Codex kommt nämlich wieder- 
holt die Devise vor: Sur ly na regard, welche zwar, wie diese Devisen gewöhn- 
lich, rathselhaft lautet und keine verständliche Hindeutung auf Estienne Chevalier 
giebt, aber nach der Erzählung eines älteren Geschichtsschreibers (Denys Godefroy, 
Schnaasds Kunstgesch. VIII. 20
	        
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