Jean Foucquet.
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und Bibliothekar dieses Hauses, Frangois Robertet, die für uns werth-
volle Notiz einschrieb, dass von den darin enthaltenen Historien drei
von dein Büchermaler (enluniineur) des Herzogs Johann von Berry
(den Namen dieses Malers nennt er nicht), die übrigen aber von der
Hand "des guten Malers und Illuminators König Ludwigs XL, des
J ehan Foucquet, aus Tours gebürtig" herrührten 1). Diese Miniaturen,
jede ein Drittel des Blattes einnehniend, geben trotz ihrer kleinen
Verhältnisse oft den Eindruck vollendeter historischer Gemälde. Der
Einfluss der Eyckischen Schule spricht sich schon in der Anordnung,
in der Vorliebe für perspectivrische Hintergründe und landschaftliche
Fernsichten aus, bei denen dann, um möglichst viel Einzelheiten geben
zu können, gewöhnlich ein hoher Augenpunkt genommen ist. Die
Kenntniss und Anwendung der Perspective, die Abtönung entfernter
Gegenstände, etwa der Bergreihen, geht ungefähr ebenso weit, wie bei
den ilandrischen hleistern und genügt dem malerischen Zwecke voll-
kommen. Das Landschaftliche ist oft sehr reizend; der Sturz der
Mauern von Jericho geht in einem lachenden Flussthale vor sich, der
Einblick in die schattigen Strassen Jerusalems, die zum Tempel hin-
führen, versetzt uns sehr lebendig in die Oertlichkeit. Vor Allem
aber ist der Maler ein Meister in der Zeichnung und im (lramatischen
Ausdruck der Figuren. Die Bewegungen sind würdig und kräftig, die
Köpfe vortrefflich modcllirt, die Augen, an denen das Weisse stark
leuchtend gehalten ist, sehr sprechend. Die Compositionen sind oft.
sehr iigurenreich, aber so wohlgeordnet, dass sie sich überall zu
grossen gesonderten Massen zusaminenschliessen. In den Farben
der Gewänder herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit, doch sind die
Töne sorgfältig gestimmt und gebrochen. Die Fürsten und Führer
der Schlachten zeichnen sich stets durch goldene Rüstungen aus, und
auch sonst sind die Gewänder und selbst die landschaftlichen Hinter-
gründe durch goldene Lichter belebt, aber dennoch macht das Ganze
stets einen harmonischen Eindruck. Vorzüglich gelungen ist. die Ver-
sammlung des jüdischen Volkes vor Cyrus, der demselben die Er-
1) Robertet giebt die Zahl der in dem Codex enthaltenen Historien auf 12 an
und schreibt davon ausdrücklich neun dem Foucquet zu; es finden sich aber darin
14 Historien und davon nur drei im älteren Style, elf aber in dem des Foucquet.
Da es nicht wahrscheinlich ist, dass Robertet bei dem seiner Sorge anvertrauten
kostbaren Buche in einen so groben Irrthum verfallen ist, wird man (mit Paulin
Paris) vermuthen dürfen, dass zwei der Miniaturen (die sechste und die letzte),
welche von geringerem W erthe sind, später als diese Notiz hinzugekommen, und
etwa nach Skizzen des Meisters durch seine Söhne oder Schüler gefertigt seien
Vgl. Labarte a. a. O. S. 282.