Grimani.
Breviarium
293
Umstand, dass er im Jahre 1521 eine achtzehnjährige Tochter (und
wahrscheinlich schon einen altern Sohn) hatte, lässt darauf schliessen,
dass er wenigstens 1480 geboren war, und sein 'I'0desjahr hindert
nicht eine noch frühere Geburt anzunehmen. Indessen kennen wir
keine authentische Arbeit von seiner Hand, welche zur Bestätigung
jener Annahme dienen könntcl), während eine Vergleichung der Mi-
niaturen mit den Werken des Gerhard David eher auf eine andere
Verniuthung führen könnte. Hier findet sich nämlich eine so auf-
fallende Uebercinstimmung sowohl der Gesichtstypen als des Gefühls-
ausdrucks, dass man kaum an der Mitwirkung dieses Meisters zwei-
feln kann und auf die Vermuthung hingeführt wird, dass hier eine
Verwechselung der beiden, den gleichen Vornamen führenden Meister,
des Gerhard von Gent mit dem Gerhard von Brügge stattgefunden
hat. Gewissheit wird sich indessen darüber nicht erlangen lassen
und so ist das Resultat, dass wir dies reichste und anmuthigste Werk
der flandrischen Miniaturmalerei nur als ein Erzeugniss der Schule
unter dem Einfluss Memlings nicht als die Leistung einzelner nam-
hafter Meister zu bewundern haben, ein Resultat, welches vielleicht des
günstigeren und dem Charakter dieser Schule besser entsprechend ist.
1) Zufolge der Rechnungen der Erzherzogin Margaretha wurde Gerhard Horc-
bout im Jahre 1521 für ein nach der Natur gemaltes Bildniss des Königs Christian
von Dänemark bezahlt, welches man jetzt in England wieder entdeckt zu haben
glaubt und das sich in der Sammlung der Royal Society of Antiquaries befindet.
Nach Karl van Mander hatte Lievin Hugennois, Abt von St. Bavo in Gent, um 1517
zwei Bilder bei Gerhard Horebout bestellt, man hat daher geglaubt, diesem auch
ein damals im Besitze eines Herrn Hugvatter in Gent beiindlich gewesenes und im
Messager des Seiences 1833, S. 12 nachgebildetes Diptychon, Maria. das Christkind
küssend und der Abt. mit seinem bekannten Wappen vor ihr knieend, zuschreiben
zu dürfen. Allein die Vergleichung mit diesen Bildern giebt nicht die Ueber-
zeugung seiner lllitwirkung bei unsern Miniaturen. [VgL M. Thausing in seinem
Dürer und in den Quellenschriften für Kunstgeschichte, III. Bd, wo er auf einer
der Miniaturen den Namen Gossaerüs (lilabusets) gefunden zu haben behauptet]