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Malerei
Die niederländische
Jahrhunderts.
Schlusse des fünfzehnten
am
vermachte diesen künstlerischen Schatz der Republik Venedig, in deren
Besitz es demnächst, jedoch erst einige Jahre später nach dem Tode
zweier seiner Neffen, die ebenfalls wie er Patriarchen von Aquileja
und Cardinäle waren, gelangte. Es ist vielleicht das prachtvollste
Denkmal dieser Art, das überhaupt entstanden ist, mit weit über 100
grossen und fast unzählbaren kleineren Bildern, geschmückt alle mit
reichsten Randverzierungen theils architektonischer Art, theils aus
einzelnen, auf den Grund des Rahmens gestreuten, sehr naturalistisch
ausgeführten und Schatten werfenden Blumen, Muscheln, Edelsteinen,
Schmetterlingen und ähnlichen Dingen bestehend. Den Anfang macht
wie gewöhnlich der Kalender, jeder Monat mit einem grossen und
mehreren kleineren Bildern versehen 1). Das erste derselben, einen
vornehmen Herrn (larstellentl, der allein speist mit vier aufwartenden
Dienern, zwei oder drei Aerzten, mit Jägern, die ihm zur Unterhal-
tung bei der Tafel Hunde und Falken vorführen. Dann kommen die
Gebete für die Hauptfeste mit zahlreichen grossen Bildern aus der
evangelischen Geschichte und alttestamentarischen Parallelen, darauf
der Psalter mit Geschichten David's und den symbolisch entsprechen-
den Begebenheiten Christi. Demnächst die Feste ganzer Klassen von
Heiligen, Apostel, Märtyrer u. dgl., unter deren begleitenden Bildern
besonders das mit den heiligen Jungfrauen von grosser Schönheit ist.
Merkwürdig sind auch die Bilder am Todtenfeste, von denen das
eine die Sterbestunde eines vornehmen Mannes mit betenden Mönchen,
trauernden und tröstenden Frauen, Aerzten, Rechtsgelehrten und
Dienern, ein kleineres eine Art Todtentanz darstellt, wo nämlich der
Tod sich in ritterliche Kämpfe mischt, und endlich ein zweites grös-
seres Bild die kirchliche Feier und die Beerdigung giebt. Darauf
folgen dann die Feste der einzelnen Heiligen, eröffnet durch eine
grosse Darstellung des Paradieses und begleitet von etwa 50 Heiligen-
bildern. Die beiden nebeneinanderstehenden Schlussblätter sind dann
der Verherrlichung der Jungfrau gewidmet und gehören zu den
schönsten Zierden des Werkes. Auf dem ersten ist sie selbst (Knie-
stück und dadurch etwas grössere Dimension) dargestellt, in lieblicher
Vgl. Waagen im Kunstbl. 1847 Nr. 49 und besonders den vortrefflichen Aufsatz
von Harzen in Naumannls Archiv für die zeichnenden Künste Band IV. S. 6.
1) Vortreffliche Auskunft giebt das Werk: Facsimile delle miniature contenute
nel Breviario Grimani eseguite in fotogratia da Antonio Perini, con ilustra-
zioni di Francisco Zanotto. Venezia 1862, 40. Sehr eigenthümlich ist, dass im
Kalender in einer grau in grau ausgeführten Vignette über jedem Monate Gott
Vater als Lenker der Zeit dargestellt ist. Er sitzt in päpstlicher Tracht mit
Sßgnender Hand auf einem Wagen, den zwei geflügelte, eiligst laufende Russe ziehn.