Nähere Schilderung verdient endlich das nach seinem früheren
Besitzer benannte, seit Jahrhunderten der Republik Venedig gehörige
und noch jetzt in der Marcusbibliothck daselbst bewahrte ßreyiarium_
(ärimani, eine wahre Perle unter den Schätzen dieser Art. Ueber die
Schicksale des Buches sind wir etwas besser unterrichtet, als es ge-
wöhnlich bei solchen Kunstwerken der Fall ist. Schon im Jahre 1521
sah es der unbekannte Kunstfreund, dessen Aufzeichnungen Morelli
publicirt hat, in der auserlesenen Sammlung des Cardinals Domenico
Grimani, und erfuhr, dass dieser es von einem gewissen Antonio aus
Sicilien, einem Kaufmann, der ihm auch andre niederländische Kunst-
werke zuführte, und zwar für den nach damaligem Geldwerthe enormen
Preis von 500 Goldgulden gekauft hattel). Der Cardinal (i 1525)
östlichen Niederlanden entstanden, aber doch im Style Eyclüscher Schule. Aus
dem reichen lxlinjaturengghatze der Hofbibliothek zu Wien gehören hierher zu-
nächst ein prachtvolles, zum Theil (eine auffallende Reminiscenz an karolingisehen
Styl) auf schwarzem Grunde mit silberner oder goldener Schrift geschriebenes Ge-
betbuch (Nro. 1857 in kl. F01.) einer vornehmen niederländischen Dame (wie man
ohne Grund vermuthet hat, der Maria von Burgund) mit zahlreichen historischen,
fein und geistreich ausgeführten Bildern; besonders schön das Bild der Madonna
in einer gothischen Kirche, bei dem im Rahmen das Porträt der Stifterin ange-
bracht ist. Dann das Gebetbuch Kaiser Maximilians Nro.1907 und das, welches
nach den Inschriften Karl dem V. von seiner Tante Margaretha von Oesterreich
geschenkt war (Nro. 1859), dieses schon mit theils gothisehen, theils der Renais-
sance angehörenden Ornamenten (Waagen, Wien II. 50 ff.) In der Bibliothek zu
Heidelberg ein Psalterium im Style früher Eycläscher Schule (Waagen K. W. u. K.
in Deutschland II. 384), in der zu Hannover ein Missale in gross Octav, dessen
55 grössere und kleinere, von verschiedenen Händen sehr glänzend ausgeführte
Bilder der spätern Eyck'schen Schule, zum Theil schon mit italienischem Einflusse,
angehören, im Besitze der Fürstin von Putbus ein (angeblich früher Philipp II.
von Spanien gehöriges) Breviarium mit 33 Bildern von Nachfolgern Memlings
(Kugler, kl. Sehr. II. 18). In England sind bei Sir John Tobin, dem Besitzer des
Bedford Missale, zwei Gebetbücher iiandrischer Arbeit aus dem letzten Viertel des
15. Jahrhunderts, das eine der Inschrift zufolge der Königin 153116113, Gemahlin
Ferdinand des Katholischen, verehrt, das andere mit dem Wappen der Marie von
Burgund; in der Sammlung des Herzogs von Devonshire in Chatsworth ein für
Isleinrich VII. im Jahre 1485 verfertigtes Missale (Waagen II. 387. 444) und end-
lich in der Bodleyana ausscr dem Fochemlschen Codex zwei sehr ausgezeichnete
ilandrische Breviarien, das eine als Horae Francis Douce unter Nro. 311 bexrahrt,
besonders mit sehr reizenden Landschaften, das andere (Nro. 93) von minder
prächtiger Ausstattung, aber mit sehr geistreichen Compositionen.
1) Dass "Messer Antonio Siciliano", wie der Anonymus den Verkäufer nennt
(Morelli p, 77), nicht wie man früher glaubte, identisch mit dem berühmten Maler
Antonello von Messina sei, ist allgemein anerkannt. Da der Cardinal zufolge
seines Testaments auch Tapeten mit Figuren in Gold und Seidenstickereien von
ihm gekauft hatte, so ist die im Texte ausgesprochene Annahme gewiss die richtige.
Sclinaases Klmstgesch. VIII. 19