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Malerei am
Die niederländische
des fünfzehnten Jahrhunderts.
Söhlusse
heiter geschmückt, die ernsten Gegenstände aber höchst ausdrucks-
voll und von grosser Tiefe. So besonders der Christuskopf, mit dem
das Werk beginnt; dann die Ausgiessung des h. Geistes, bei welcher
die Jünger nicht, wie sonst, ruhig sitzend, sondern einzeln und zer-
streut, wie von dem Nahen des h. Geistes ergriffen und aufgeregt,
knieend die hohe Gabe empfangen. Weiterhin würden dann noch
die Trinität und andre Bilder als vorzugsweise bedeutend herauszu-
heben sein. Die Ausführung scheint sich bis in das 16. Jahrhundert
hinein verzögert zu haben, da sich in einigen der späteren Bilder
schon Anklänge an Renaissancearchitektur finden, während die anderen
häufig an Roger van der Weyden und besonders an Memling erinnern.
Diesem an die Seite zu stellen ist ein Breviarium in der königlichen
Privatbibliothel: zu Turin mit lateinischen und französischen Gebeten,
dessen ilandrischer Ursprung sich nicht bloss durch den Styl der
Malerei, sondern auch dadurch ergiebt, dass der Name des h. An-
tonius in iiandrischer Version (Sancte Enthoenis) geschrieben und
"St. Benigne ausdrücklich als Apostel von Burgund bezeichnet ist.
Hier sind besonders die Bilder, welche die Monate des Kalenders
charakterisiren, sehr ausgeführt und voll feiner poetischer Gedanken:
sie bestehen stets aus zwei zusammengehörigen Bildern und geben
beabsichtigte Gegensätze. So der April und Mai zwei Liebesge-
schichten; im April die eines feinen, wohlerzogenen Paares, das auf
dem ersten Bilde sich sittig und zurückhaltend grüsst, auf dem
zweiten aber mit verschlungenen Händen sitzt; im Mai ist der Her-
gang anderer Art; die Liebenden, bäuerisch gekleidet, küssen sich
auf dem ersten und streiten auf dem zweiten Bilde. Französische
Sprüche, die reichlich eingeiiochten sind, erleichtern dann die Moral
zu finden. Noch bedeutender ist ein Breviarium in klein Folio in
der Universitätsbibliothel: zu Turin, mit vielen Bildern, die oft drei
Viertel der Seite füllen, mit reichen landschaftlichen oder architek-
tonischen Hintergründen, die Figuren etwa im Style des Memling
ausdrucksvoll und überwiegend in ernstem Charakter gehalten. Voran
auch hierChristus mit der krystalleuen Himmelskugel. Bei dem
Hymnus: Veni creator spiritus ist die Pfingstprozession in der Kathe-
drale von Antwerpen dargestelltl).
1) Auch hier mag sich eine Naehweisung ähnlicher reicher Andachtsbücher
üandrischer Schule anschliessen. In der burgundischen Bibliothek zu Brüssel die
Horen Philipp7s d. G. Nro. 9611 und der Psalter Nro. 9961. Im Haag in der
K. Bibliothek ein Gebetbuch vom Jahre 1435 und im Museum Meermannianum
vom Jahre 1438 (Waagen, im D. K. Bl. 1852 S. 255), beide wahrscheinlich in den