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Jahrhunderts.
Schlusse des fünfzehnten
Die niederländische Malerei am
ristisch, dass man geneigt sein möchte, es der eignen Hand Rogers
van der Weyden, dem es augenscheinlich verwandt ist, zuzuschreiben.
Auch in einem für Karl den Kühnen, damals noch Grafen von
Charolais, gefertigten, in der Bibliothek zu Kopenhagen befindlichen
Gebetbuch ist das Titelblatt, welches ihn nebst seiner Gemahlin vor
däBilde Christi knieend darstellt, das einzige, wirklich künstlerisch
ausgeführte des Buches. Es zeigt den Einfluss Rogers van der
Weyden, ist aber, wie die Inschrift ergiebt, von einem uns sonst un-
bekannten Künstler gefertigtl).
Wie weit dieser Bücherluxus ging, beweist das kostbare, für
Philipps natürlichen Sohn, Anton von Burgund, den sogenannten
grossen Bastard (geb. 1421, gest. 1504) ausgeführte Exemplar der
Chronik "des Froissard Q). Es sind vier starke Folianten, welche zu-
summen 223 theils grössere, theils kleinere historische, oder nur als
Randverzierung dienende Bilder enthalten, die von vielen (wie ein
genauer Kenner der Handschrift annimmt, von vierzehn) verschiedenen
Malern sehr ungleich ausgeführt sind. Eine Anschauung des fabrik-
mässigen Betriebes giebt es schon, dass nach der Schlussnotiz des
oben erwähnten David Aubert der zweite Band im Jahre 1469, der
vierte aber bereits 1468 vollendet war; ohne Zweifel also hatte
er die Arbeit mehreren Schreibern übertragen, von denen der
des letzten Bandes sie ungewöhnlich förderte. Aehnlich mag es
dann mit der malerischen Ausstattung ergangen sein. Es haben
offenbar zwei ganz verschiedene Meister mit ihren Gesellen daran
gearbeitet. Der erste, von dem nur der erste Band herrührt, ist ein
näherer Schüler der Eyclös; er ist alterthümlicher, seine Gesellen
arbeiten aber oft sehr nachlässig mit plumper Zeichnung und trüber
Farbe, besonders die Arabesken des Randes sind, obgleich man auch
an ihnen sieben verschiedene Arbeiter erkennt, alle gleichmässig roh.
Der zweite, von welchem die anderen drei Bände herrühren, arbeitet
feiner und gefälliger. Er braucht viel Gold, nicht bloss als Ver-
zierung, sondern auch zum Aufsetzen der Lichter. Die Arabesken.
des Randes sind theils mit naturalistisch ausgeführten Blumen, theils
mit humoristischen Figuren sehr anmuthig ausgestattetß). Die histo-
1) „Fait par Jacques Undelot 1465." Ich folge hier nur der von D8 Laborde,
Ducs de Bourgogne I. Introd. p. 86 gegebenen Nachricht.
2) Vgl. darüber die schon oben S. 280 Anm. 1 citirte Festschrift des Bres-
lauer Vereins für bild. Künste von Alwin Schultz. Meine Ansichten, bei einer
frühem Betrachtung des Codex gebildet, weichen in feineren Beziehungen von den
seinigen ab.
ß) Z. B. II. fol. 281 ein Trompeter, der aus einem Blumenkelche herausbläst.