Werke mit Miniaturen.
Historische und legendarische
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Nicht ganz diesen Blättern gleichzustellen, aber doch sehr reizend
und von ähnlichem Verdienste sind einige andere, sämmtlich inschrift-
lich oder zufolge des Dedicationsbildes für Philipp den Guten ans-
geführte Werke. So der französische Ritterroman Gerhard von Rons-
sillon, ebenfalls in derHofbibliothek zu Wien (1447) 1) und die Legende
des h. Hubert in der k. Bibliothek im Haag, im Jahre 1458 von
Davidwrkuhert geschrieben, dann in derselben Bibliothek ein Gebet-
buch mit zahlreichen, zwar nur grau in Grau, aber mit höchster Feinl"
heit des Ausdrucks, wahrscheinlich in den letzten Lebensjahren des
Herzogs, der auf seinem Bilde schon greisenhaft aussieht, ausgeführ-
ten Bildchen. Sie erinnern einigermaassen an Memlings Auffassung.
Nicht minder vortrefflich, aber in einem andernwgtylieb sind die 34,
ebenfalls grau in Grau gemalten Bilder, in der zufolge, der Schluss-
notiz im Jahre 1457 auf Befehl Philipps von Johann Mielot über-
setzten und geschriebenen Legende der h. Katharina in der grossen
Pariser Bibliothek ü). Die Zeichnung ist scharfer, eckiger, die Falten
sind mehr gehäuft, das Landschaftliche ist schwächer, als in den
meisten besseren iianrlrischen Werken. Aber Anordnung, Ausdruck,
Charakteristik sind meisterhaft und zeigen einige Aehnlichkeit mit
den niederrheinischen deutschen Meistern, welche sich um diese Zeit
unter dem Einüusse der flandrischen Schule bildeten. Bei manchen
für Philipp gefertigten Handschriften sind die zahlreichen, im Innern
des Buches ausgeführten Bilder fabrikmässig behandelt, während das
Titelblatt, welches die Ueberreichung an den Herzog darstellt, von
der Hand eines bedeutenderen Meisters und in sorgsamster Aus-
führung ist. So verhält es sich schon in der Geschichte der h. Helena
(Mutter des h. Martin von Tours), Nro. 9967 dermurgundischen
Bibliothek, wo das die Ueberreichung im J. 1448 darstellende Blatt
uns ein höchst lebendiges Bild des burgundischen Hoflebens giebt.
So ferner in der gewaltigen Chronik des Hennegau (in derselben
Bibliothek Nro. 9242-44), an der, WYRETBRE" gesehen, Jean Wau-
quelin in Mons im Jahre 1453 arbeitete und überhaupt schon die
Zahl und Grösse der Bilder eine gleichmässige Durchführung er-
schwerte. Sie sind daher auch meistens sehr ausserlich und conven-
tionell. Das Dedicationsblatt ist aber so vortrefflich und charakte-
1) Vgl. Waagen a. a. O. II. 44.
2) M35, franc. Suppl. 540. 2 b. Waagen K. W. K. u. in Paris S. 359 ff. Be-
merkenswerth ist, dass sich hier auch der Buchbinder (Stuuart Livin z_u Gent) in
besonderer Inschrift nennt. Man sieht, wie in jeder Beziehung das Selbstgefühl
steigt.