Das Triptychon bei Artaria in Wien.
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Falten seines schweren tief herabhängenden Mantels zu bergen ge-
sucht, und treten nun, durch den Stoss seiner Lanze bedrängt, mit
ihren schreckenden, trotzigen Gestalten hervor. Nach dem Vorgange
des Mittelalters sucht auch unser Meister, wie der des Danziger
Bildes, den Charakter des Diabolischen durch Entstellung der mensch-
lichen Gestalt und willkürliche Verbindung fremdartigerKörpertheile
auszudrücken. Aber während diese Phantasiegebilde sonst über-
wiegend in der Zusammenstellung menschlicher und thierischer Glie-
der bestehen und dadurch einen Ausdruck des Täppischen und Rohen
erhalten, der an das Komische streift, sind sie hier durchaus ernst
und geben, besonders da, wo sie nichts Thierisehes, sondern nur
menschliche Formen aber in widernatürlicher Verbindung zeigen, ein
bedeutungsvolles, schreckendes Bild sündhafter Verkehrung. So
kommt hier, um ein Beispiel anzuführen, ein wohlgebildeter und wohl-
genährter menschlicher Kopf von grosscr Porträtwahrheit vor, bei
dem man etwa an einen feisten Mönch oder Prälaten denken könnte,
der aber schon durch den starren Blick der grossen Augen und
durch die aufgeworfene Unterlippe einen bösartigen, gewaltsamen
räusdruck erhält, und dem dann endlich aus dem nackten Schädel
ein menschlicher Arm herauswachst. 'Auch die anderen teuflischen
(iestalteiifdselbstdl die thierischen, sind nicht eigentlich unschön; sie
isoliren sich nicht, sondern bilden durch den Ausdruck des Wilden
und Bösen einen notlnvencligen, ergänzenden Gegensatz zu der wunder-
bar schönen aber strengen und zornigen Erscheinung des Erzengels.
Die Gruppe dieses überrveltlichen, so frei und. sicher schwebenden
Kampfes wird erst dadurch ein Ganzes von seltener, erhabener Schön-
heit, durch den Schwung des Gedankens und die Kühnheit und Sicher-
heit der Zeichnung gleich ausgezeichnet. Sie füllt fast das ganze
Mittelbild, so dass man (laneben nur im Hintergründe ganz oben
Gott Vater und etwas tiefer in weiter Entferliungeine andre Scene
des Kampfes zwischen Engeln und Dämonen sieht. Die Landschaft
der Mitteltafel ist auch auf den Flügeln fortgesetzt, so nass "die
Wirksamkeit der kirchlichen Heiligen gleichsam als eine Fortsetzung
jenes vorweltlichen Kampfes erscheint. Auch die Aussenseiten der
Flügel sind bemalt; in leicht angedeuteten hlauernischen sehen wir
hier einen Ritter mit Hut und Mantel in einer Stahlrüstung, wie
man sie an der Grenze des 15. und 16. Jahrhunderts trug, dort eine
bürgerlich gekleidete, fromm blickende Frau mit einem Knaben an
der Hand. Man könnte geneigt sein, darin Porträts der Familie des
Bestellers zu vermuthen. Aber der Ritter tragt UllgBWÖllnllCllBl'
Weise Bogen und Pfeile, wie man sie dem h. Sebastian als Zeichen