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des fünfzehnten Jahrhunderts.
Schlusse
Die niederländische Malerei am
Noch (leutlicher ist die Abweichung bei einem andern Bilde.
In der einsam gelegenen Kirche S. Lorenzo an der genuesischen
Riviera di Levante zwischen Ruta und Rapallo entdeckte ich ein
Altarwerk von niederländischer Arbeit, bei welchem die Vermuthung,
dass es von einem Zeitgenossen Memlings herrühre, durch eine In-
schrift bestätigt wird 1). Die drei vorhandenen Tafeln enthalten die
Hochzeit zu Cana, die Kreuzigung des Apostels Andreas und die
Auferweckung des Lazarus; die erste derselben ist auch auf der
Rückseite bemalt und zwar mit der Darstellung des Sündenfallsg).
Auf ihr findet sich die Inschrift: Hoc opus iieri fecit Andreas de
Costa anno 1499, Brugis, während eine neben dem Bilde ein-
gemauerte Marmortafel uns belehrt, dass zwei Mitglieder der Familie
de Costa, der Presbyter Laurentius und jener Andreas im Jahre 1485
diesen Altar gestiftet hätten, und jener dazu das Tabernakel von
Marmor und Silber (welches nicht mehr vorhanden, sondern durch
neuere Arbeit ersetzt ist) geschenkt habe. Das Jahr 1499 giebt also
wahrscheinlich die Zeit der Vollendung des Bildes, dessen Ausfüh-
rung sich verspätet hatte. Der ungenannte Zeit- und Znnftgenosse
Memling's liebt, wie dieser, tiefe, reich ausgeführte landschaftliche
Hintergründe, aber er zeichnet unvollkommener und unterscheidet
sich von ihm in der Gefühlsweise. Die ruhige, sinnige Stimmung, die
Memling's Bilder so anziehend macht, ist einer mehr bewegten ge-
wichen. Die Landschaft ist mit Einzelheiten, phantastisch gebildeten
Felsen, Schiffen, Häusern und dergleichen überladen, die Tracht hat
den Charakter edler Einfachheit, den sie bei Memling meistens hatte,
verloren und schliesst sich enger an die damalige barocke Mode an,
die Bewegungen der Gestalten bezwecken eine dramatische Lebendig-
keit, für welche die Zeichnung nicht ausreicht. Es ist nicht mehr
der Geist der bisherigen Schule, derhier spricht, sondern ein frem-
der neuer Geist, der des beginnenden sechszehnten Jahrhunderts, der
hier nach einer Form sucht.
Neben diesen unbekannt gebliebenen Nachahmern hlemlings können
wir dann endlich einen bedeutenden Künstler nennen, dessen Ge-
schichte und Werke erst seit kurzer Zeit durch die Bemühungen
unserer Forscher ermittelt sindg). Es ist Gerhard David, der Sohn
1) Vgl. meine Anzeige im D. K. B1. 1857 S. 459. Eine Abbildung giebt E- Förster,
Denkmale, Band VI. S. 71.
2) Es ist nicht, wie Förster a. a. O. sagt, ein Triptychon; die drei Tafeln
sind gleicher Grösse und es war ohne Zweifel eine vierte vorhanden, welche in
Verbindung mit der ersten das Ganze zu schliessen gestattete.
3) Die Ermittelung der urkundlichen Beweise ist das Verdienst von James