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fünfzehnten Jahrhunderts.
Schlusse des
Die niederländische Malerei am
Fürsten und seines Hofstaates dar und zeigt in der Zeichnung und
Charakteristik der zahlreichen Figürchen, sowie in der Anordnung des
perspectivischen Raumes einen bedeutenden Meister, entspricht aber
keinem der uns bekannten so völlig, dass man es ihm zuschreiben
dürftel). [Am nächsten möchte es den1 Dierick Bouts stehen. Vgl.
oben S. 280.]
Dasselbe gilt von einem sehr merkwürdigen, angeblich aus
Tongerloo stammenden Bilde, welches sich jetzt im Museum zu
Lille befindet. Es scheint der Flügel eines Altars zu sein und ent-
hält eine Darstellung des Brunnens des Lebens, aber in eigenthüm-
licher Auffassung. In einer weiten Landschaft mit phantastisch ge-
bildeten Felsen und üppigem, von Blumen und Edelsteinenleuchtendem
Graswuchs sieht man nämlich einen zierlichen gothischen Spring-
brunnen mit einer davon abwärts iiiessenden Quelle. Zu diesem
Brunnen wandern dann auf verschiedenen Höhen fünf Gruppen von
fast unbekleideten Auserwählten, jede von einem Engel geführt,
während man weiter oben einzelne Gestalten sieht, die ohne Zweifel,
nachdem sie aus jenem Brunnen getrunken, höher hinaufsteigen und
endlich oben auf der Höhe des Berges an den Eingang des Para-
dieses gelangen, der hier freilich nur durch ein glänzendes Licht,
wie durch eine Oeffnung des Himmels angedeutet istg).
QDie zahlreichen kleinen Bilder, welche der Anonymus des Morelli
in den. Sammlungen der Cardinäle Bembo und Grimani in Padua
1) Waagen im Kunstblatt 1851 S. 236 und in 'l'reasures of Art, II. 263 schrieb
es in Uebereinstimmung mit Passavant dem Justus von Gent, dann aber im Hand-
buch I. 101 dem Dierick Bouts zu, eine Annahme, die mir unbegründet scheint.
Auch Orowe a. a. O. I. 153 und E. Förster, Gesell. der deutschen Kunst II. 82
wagen keinen Meister zu nennen. Jules Helbig, Histoire de la peinture au pays
de Liege (in den Memoires de la Societe libre d'en1ulati0n de Liege 1872) stellt
die Vermuthung auf, dass der Gegenstand des Bildes die Bestattung des h. Hu-
bertus in St. Peter zu Lüttich sei und das Bild von dort herstamme. Es fehlt
aber dafür an jedem Beweise.
2) Waagen, der es noch im Besitze des Kunsthandlers Nieuwenhuys in Brüssel
sah, schrieb auch dies Gemälde dem Justus von Gent zu (Kunstblatt 1847 Nr. 47),
setzte es also in eine Klasse mit den Bildern, die, wie wir jetzt wissen, dem
Dierick Bouts gehören. Miehiels (III. 140), der es bereits in Lille vorfand und
ausführlich beschreibt, findet darin „le genie mystique diHubert van Eyck", was
ihm dann genügt, es dem völlig unbekannten Johann van der Meire als vermeint-
lichem Schüler Hubertis van Eyek (vgl. oben S. 201) zu überweisen. Ich selbst habe
leider das Bild nicht gesehen und kenne kein andres sachverständiges Urtheil
über dasselbe. Vorläufig wird die Kühnheit zahlreicher, nackter Gestalten von
vortreiflieher llIodellirungülVaagen), welche an das Danziger Bild erinnern (Michiels),
es rechtfertigen, dass ich es bei den Zeitgenossen Memlingds erwähne.