Carl
Schnaasäs Biographie.
XXIX
ohne jene philosophischen Studien ga1' nicht zu denken vermögen.
Durch diese Schule erhielt sein Geist die Richtung auf die Speculation,
auf tiefe Ergründung der hinter den Erscheinungen verborgenen Ge-
setze. Nie würde er ohne sie zu einer solchen Vertiefung der kunst-
geschichtlichen Anschauungen (lilrchgerlrungen sein, wie sie ihm eigen
war. Seine universelle, tiefsinnige, die ganze Welt der Erscheinungen
auf ihre geheimsten Gründe erforschende Geistesart, die der Kunst-
geschichte ganz neue Perspectiven geschaffen, sie zur Alles umfassenden
Culturgeschichte der Menschheit erweitert und vertieft hat, ist ohne
die gründliche Beschäftigung mit der Hegefschen Philosophie, ohne
die hier gewonnene dialektische Schulung nicht zu denken.
Bei Hegel hörte Schnaase in diesem Winter Vorlesungen über
EIIQSYCIOpÄÖiG der philosophischen Wissenschaften und bei Wilken
Geschichte des Mittelalters. Das Berliner Leben saugte ihm in dieser
Zeit wenig zu, er zog sich aus den Kreisen zurück, in welchen er
früher heimisch gewesen war, und schon während des Wintersemesters
flogen seine Gedanken über den Sommer hinaus und beschäftigten
sich mit den Bildern des Familienlebens, welches jenseits desselben
lag. In einem Brief an die Mutter vom 19. Februar heisst es: „In
der That, es lasst sich kaum sagen, mit wie lieblichen Farben ich
mir unsere Hiiuslichkeit ausmale. Ich denke es mir so schön, wenn
wir uns Abends, die Brüder vom Comtoir, ich von den Acten aus
meinem Studirstübchen, zu Dir herüber begeben, und nach gewohnter
Sitte über Vergangenheit und Zukunft und was sich sonst zuträgt,
schwatzen, bis es 1] Uhr wird, und wir, die Lichter in der Hand
noch eine Viertelstunde nach der anderen bleiben, und wenn wir wett-
eifern, wer am meisten zur Unterhaltung unseres kleinen Kreises bei-
trägt, oder wenn gar unsere Hausgenossenschaft noch um eine liebe
Tochter sich erweiterte, in der Du Dich wieder jung sahest, und die,
uns Allen ein erfreulicher Anblick, das Haus mit neuen Beziehungen
erfüllte. Oder wenn wir irgend einen Tag zum Sabbath machen und
uns früher versammeln und vor Dir musiciren oder lesen, und irgend
ein noch zu iindender Freund und ein paar liebenswürdige Hausfreun-
dinnen auch dabei sind. Bis dahin, dass diese schöne Zeit angehen
kann, will ich nun hier so still fortleben wie jetzt." Kurze Zeit,