Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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niederländische Malerei 
Die 
Schlusse des fünfzehnten Jahrhunderts. 
am 
Treten wir nun vor das Bild selbst, so ist es die vollkommenste 
Darstellung dieses grossartigen Gegenstandes, welche die nordische 
Kunst, bisher geschaffen hatte; in mancher Beziehung zwar der des 
Roger van der Weyden in "Beaune verwandt, aber doch so, dass die 
dort gegebenen Grundzüge hier unendlich reifer und reicher aus- 
gebildet sind 1). Christus, auf dem Regenbogen sitzend, die Füsse 
auf der Weltkugel, die Rechte segnend erhoben, die Linke abwärts 
gewendet, Lilie und Schwert von seinem Munde ausgehend; Engel 
mit den Marterwrerkzeugen zu seinem Haupte, posaunenblasende zu 
seinen F üssen, zu seinen Seiten auf einer Wolkenschicht Maria und 
Johannes in fürbittendei- Haltung, dahinter die zwölf Apostel sitzend; 
endlich gerade unter dem Weltrichter, mit ihm eine senkrechte 
Mittellinie des Ganzen bildend, der Erzengel Michael mit der Wag- 
schale und neben ihm die Auferstehung der Todten aus ihren Gräbern 
 dies Alles ist beiden Gemälden, (lein Danziger und dem im 
Hospitale zu Beaune gemein, und selbst in den Bewegungen der Ge- 
stalten Christi und der Apostel lassen sich Aehnlichkeiten finden. 
Aber sehr viel grösser ist die Verschiedenheit beider Bilder. Zu- 
nächst eine mehr äusserliche, aber doch auffallende; der Erzengel, 
der in Beaune in weitem priesterlichen Gewande auftrat, erscheint 
hier (wie schon auf dem Bilde des Petrus Cristus von 1452) in pracht- 
voller ritterlicher Rüstung, in der sich Himmel und Erde spiegeln 
und in kühner, zierlicher Stellung. Sehr viel wichtiger aber ist der 
Unterschied in der Tendenz und der Anordnung beider Bilder. 
Während dort die Erscheinung des Weltrichters und seiner himm- 
lischen Beisitzer die Breite von fünf Tafeln, zusammen 15 Fuss, ein- 
nimmt, ist sie hier auf die einzige Mitteltafel von etwa 5 F uss Breite 
zusammengedrängt, jedoch so, dass sie dennoch grossartiger und er- 
Zweige der Grafen von Flandern anzugehören (v. Ledebnr, Einiges über das    
jüngste Gericht u. s. w. Berlin 1859). Das der Dame mit der Devise: Pour non 
falir, findet sich wie auf unserm Bilde so auch am bischöflichen Palaste zu Como 
und zwar hier als das des dortigen Bischofs Branda Castiglione, T 1486, der in 
Frankreich erzogen, als Canonicus in Lüttich gewesen, und erst seit 1466 Bischof 
von Como war. Diese seine Geschichte erklärt, dass er mit flandrischer Kunst 
bekannt gewesen und nach dem Tode jener ihm verwandten Dame das zu ihrem 
Andenken bestimmte Bild in Brügge bestellt hat. Vgl. Dr. Strehlke in v. Quastls 
Zeitschrift II. S. 180 mit Bezugnahme auf Pompeo Littafs famiglie celebre. 
1) Abbildungen besonders bei E. Förster, Denkmale der Bildnerei etc. Band Y. 
S. 1; kleinere und ungenügende in Fr. F örstefs Süngerfahrt 1816, im Conver- 
sationslexikon für bild. Künste II. 544 ff. und III. 465-478, in der englischen 
Ausgabe von INaageNs Handbook I. 97, sowie in der 2. Auflage W11 CIOWe und 
Cavalcaselle: The early flemish painters, zu S. 258.
	        
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