ren Flügel die Hauptdarstellung, auf der Mitteltafel die Kreuzigung,
auf den beiden Seitenbildern hier die Kreuztragung, dort die Grab-'
legung, doch so, dass bei jener die vorhergegangenen Momente von
dem Gebete auf dem Oelberge an, bei dieser die darauf folgenden
bis zur Himmelfahrt im landschaftlichen Hintergrunde in kleinen
Figuren ausgeführt sind 1). Die Reihenfolge ist so vollständig, dass
beide Male zehn oder elf verschiedene Scenen gegeben sind, und so
geordnet, dass diese bei der Kreuztragung ganz oben am Horizonte
mit dem am Oelberge betenden Christus beginnen und so chrono-
logisch bis zu der den Vorgrund einnehmenden Kreuztragung herab-
steigen, bei der Grablegung aber von der im Mittelgrunde dar-
gestellten Auferstehung aufsteigen und oben am Horizonte mit der
Himmelfahrt schliessen. Die Linien der Landschaft sind durch die
drei Tafeln fortgesetzt; die Stimmung des Himmels dagegen Wechselt
im bedeutsamen Anschluss an die geschichtlichen Momente. Sie be-
ginnt auf Gethsemane mit nächtlichem Dunkel, geht demnächst in
Morgendäinnierung über, zeigt auf dem hiittelbilde den hohen Tag,
doch so, dass über der Kreuzigung Sonne und Mond von dichten
Wolken umhüllt sind, während auf der Tafel der Grablegung Däm-
merung und Nacht herrscht, hinten aber die aufgehende Sonne sich
schon im Wasser spiegelt. Die ganze Darstellung ist voller Gedanken
und feiner Beziehungen und von möglichster Vollständigkeit; kein
Umstand, dessen die Evangelien erwähnen, bleibt unberührt. Die
Mitteltafel enthält verniöge eines sehr hoch genommenen Augen-
punktes ungeachtet der ungewöhnlich grossen Dimension 35 Figuren,
die in dichten Gruppen die Kreuze Christi und der Schächer um-
geben. Unter der gleichgültig oder roh dareinblickenden Menge sieht
man mehrere Reiter, theils in vornehmer Tracht, theils in ritterlicher
Rüstung. So der gläubige Hauptmann, der mit sprechendem Aus-
drucke zum Herrn hinaufweist, und der Krieger, welcher die Seite
des Sterbenden durchsticht. Mehr im Vorgrunde Clämll auf der einen
Seite die Kriegsknechte, die um den Rock würfelnd mit einander
hadern, auf der andern die Freunde des Herrn. Die Jungfrau mit
matronenhaften aber edeln Zügen in tiefem Schmerze wird von Jo-
hannes und einer der Frauen gehalten; hinter ihr stehen zwei charak-
teristisch verschiedene Frauen, die eine in nonnenhafter Tracht mit ge-
falteten Handen und gesenktem Haupte ein Gebet sprechend, die andere
in der Kleidung einer ehrbaren Bürgerfrau heftig die Hände ringend;
1) Eine lithographische Abbildung von Otto Speckter in Hamburg ist 1825, eine
Sehr gelungene Photographie im Verlage von Soldan IIJ. Nürnberg 1868 erschienen.